Theater Vorpommern – Liebe Macht Tod

Theater Greifswald
Theater Greifswald

Schon die Handlung, die William Shakespeare in seiner Tragödie Romeo und Julia erzählt, stammt unter anderem von der Novelle Giulietta e Romeo, welche der Italiener Matteo Bandello 1554 veröffentlichte. Eine französische Übersetzung des Stoffes sollte die Grundlage für Arthur Brookes The Tragical History of Romeo and Juliet bilden, welche wiederum Shakespeare als Gerüst für seine Bühnenfassung der Geschichte dienen sollte. Über die Handlung von Romeo und Julia braucht man nicht allzu viel Worte verlieren, denn dieses gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch heutzutage zu den meistaufgeführtesten Bühnenstücken von Shakespeare. Die Geschichte zweier sich liebender Menschen, die durch die ihnen feindlich eingestellten Familien in den Tod getrieben wurden, faszinierte auch den Dramatiker Thomas Brasch, der sich anschickte, die Handlung in die Gegenwart zu holen. Die Gegenwart, die er in seiner Fassung darstelle, ist heutzutage übrigens auch schon wieder Geschichte, denn die Uraufführung, die er gemeinsam mit Katharina Thalbach am Berliner Schiller-Theater inszenierte, war schon im November 1990. Seitdem sind über zwanzig Jahre vergangen.

Interessant ist die Tatsache, dass einst viele Kritiker die Bühnenfassung von Brasch verrissen. So starb für Hellmuth Karasek niemand auf der Bühne, sondern verendete seiner Meinung nach nur am Text des Stückes. Kalauer über Kalauer, Zoten über Zoten, und als es in der Handlung ernst wird, blödelt er fleißig weiter … Thomas Brasch war nach der gängigen Kritikermeinung an William Shakespeare gescheitert. An dieses Stück wagt sich nun André Rößler, der zukünftige Leiter des Schauspiels am Theater Vorpommern. Ob Liebe Macht Tod eine gute Wahl für seinen Einstand war, wird man wohl erst bei der Premiere erfahren, die Erwartungen an seine Regiearbeit dürften aufgrund seiner neuen Position recht hoch ausfallen. Dass man mit einer zu speziellen Inszenierung nicht unbedingt beim vorpommerschen Publikum ankommt, musste Intendant Dirk Löschner am eigenen Leibe erfahren, als Die Ballade vom traurigen Café bei einem Teil des Publikums nicht gerade wohlwollend aufgenommen wurde.

Dementsprechend kritisch dürften sich einige Leute mit dieser Inszenierung auseinandersetzen, besonders nach der Tatsache, dass bei der Suche nach Statistinnen für eine Partyszene junge Frauen, die sich nicht nur auf der Bühne wohlfühlen, sondern nach Angaben des Theaters keine Scheu haben sollten, etwas mehr Haut zu zeigen. Bei solchen Äußerungen werden Erinnerungen an die Choreografie Es ist nur ein weinendes Stück von Benno Voorham und Sybrig Dokter wach, als bei der TanZZeiT 2011 Alexander Simpkins als nackter Elch unter der skandinavischen Sonne tanzte und so einem Teil des Publikums die Schamesröte ins Gescicht trieb. André Rößler wird bei seiner Inszenierung wohl nicht so weit gehen, seine Komparsinnen so in Szene zu setzen, ins Gespräch hat sich das Theater Vorpommern mit dieser Stellenausschreibung allemal gebracht. Bleibt für das vorpommersche Publikum nur die eine Frage: Wer ist André Rößler und was wird man von ihm erwarten können?

Als Dirk Löscher angetreten ist, Intendant des Theater Vorpommern zu werden, tat er das mit dem Anspruch ein jüngeres Publikum zu erreichen. Auf André Rößler sollte seine Wahl fallen, dieses zu realisieren. Bei den hessischen Theatertagen erhielt er für die Inszenierung von Jean-Paul Sartres Die schmutzigen Hände den Preis für die beste Regie, ein Stück übrigens, bei dem er seine Schauspieler im Publikum agieren ließ. Antigone von Sophokles ließ er durch ein Online-Übersetzungs-Tool laufen, vom Griechischen ins Englische, vom Englischen ins Deutsche und das wiederum brachte er direkt auf die Bühne. Dementsprechend modern dürfte wohl auch von Thomas Braschs Fassung von Romeo und Julia ausfallen, für die Simone Steinhorst das Bühnenbild entwerfen wird. Einen ersten Einblick in die Inszenierung kann man übrigens bei der öffentlichen Probe am 21. Februar bekommen, einen Gesamteindruck bei der Premiere am 2. März. Die Oberhessische Presse meinte zur Inszenierung von Antigone, dass André Rößler den Zuschauern nur eine Wahl zwischen Jubel und Tomaten lässt. So bleibt dann die Hoffnung, dass sich die besagten Tomaten eher auf einem Salatteller bei der Premierenfeier wiederfinden und nicht auf der Bühne.

Premieren
2. März 2013 Theater Greifswald
17. März 2013 Theater Putbus
30. März 2013 Theater Stralsund
jeweils 19:30 Uhr