Dann müssen wir die Preise eben erhöhen… – Ein Kommentar

Theater Greifswald
Theater Greifswald

Das Auditorium, welches sich zur ersten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und Kultur einfand, konnte man als recht überschaubar bezeichnen, was nicht am mangelnden Interesse der Öffentlichkeit lag, sondern am informellen Charakter der Versammlung, mit welcher der Ausschuss sich für die Sondersitzung der Bürgerschaft vorbereiten wollte. Diskussionsthema war daher hauptsächlich das Gutachten der Münchener METRUM Managementberatung GmbH mit dem Titel Erarbeitung von Modellen zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern. Nachdem Senator Ulf Dembski die Aussagen des Gutachtens aus Sicht der Stadtverwaltung ausführlich darlegte, begann die Diskussionsrunde die leider mehr Dinge offenlegte, als denjenigen lieb sein dürfte, denn offensichtlich hatten sich viele der Ausschussmitglieder nicht ernsthaft mit der Thematik des Theaters beschäftigt. Statt Fakten beherrschten mal wieder gefühlte Realitäten die Diskussion, selbst Dinge wurden von einigen kritisiert, welche sogar durch das Gutachten vom fusionierten Theater verlangt werden.

Einer der Kritikpunkt war eine publikumsfeindliche Programmplanung, die übrigens keiner im vorliegenden Gutachten bemängelt, denn auf Seite 31 findet man einen theoretischen Spielplan, der dem Greifswalder Theater ganze zwölf Vorstellungen im Monat zu gesteht. Wenn man sich einmal die Mühe macht und ihn spaßeshalber auf den nächsten Monat überträgt, bekommt man einen Spielplan, dem die Bezeichnung publikumsfreundlich mehr als geschmeichelt wäre. Große Produktionen im Schauspiel und Musiktheater spielt man für gewöhnlich am Freitagabend oder am Wochenende, um so auch den berufstätigen Teil der Bevölkerung einen Theaterbesuch zu ermöglichen, während am Sonntagnachmittag hauptsächlich die Senioren den für sie günstigen Termin nutzen. Beide Opernvorstellungen würden nach dieser Planung auf einen Werktag fallen, ebenso das Ballett. Dieses könnte man bei den anderen vier Standorten ebenso machen, die Ergebnisse wären ebenso publikumsfeindlich.

Spielplan für Greifswald

Mi 03. September 2014 – Ballett
Do 04. September 2014 – Oper
Fr 05. September 2014 – Schauspiel
So 07. September 2014 – Musical/Operette
Mi 10. September 2014 – Schauspiel
Di 16. September 2014 – Konzert
Do 18. September 2014 – Ballett
So 21. September 2014 – Schauspiel
Mo 22. September 2014 – Oper
Sa 27. September 2014 – Musical/Operette
So 28. September 2014 – Konzert
Di 30. September 2014 – Schauspiel

Interessanterweise fehlen in dem der Öffentlichkeit vorgestellten Gutachten einige Seiten, angeblich aus Datenschutzgründen, weshalb die Nebenspielstätten nicht aufgeführt werden, ist nicht daher nachvollziehbar. Die Metrum behauptet in ihrem Gutachten, dass das bisherige Programmangebot durch einem gemeinsamem Spielplan in allen Häusern aufrecht erhalten werden kann, was zu bezweifeln wäre, da bekanntlich über hundert Stellen wegfallen sollen. Dazu braucht man sich nur einmal das Schauspiel betrachten, welches Räumlichkeiten wie den Rubenowsaal in Greifswald und den Gustav-Adolf-Saal in Stralsund mit Kammertheaterstücken mit Leben erfüllt. Da das laut Planungen dann neunzehnköpfige Ensemble, zu diesem zählen übrigens auch Regisseure und Dramaturgen, nach der Fusion an allen Häusern spielen werden, bleibt nur eine deutliche Reduzierung der zukünftigen Inszenierungen, da diese laut Konzept häufiger aufgeführt werden sollen. Dadurch kann man zwar bei der Ausstattung Kosten sparen, unter dem Strich werden die Besucherzahlen aber sinken. Da weniger Vorstellungen auch weniger Umsätze an der Theaterkasse generieren, eine leicht verbesserte Auslastung aufgrund der Angebotsverknappung dürfte diese Verluste nur bedingt auffangen können.

Dass gerade aus Reihen der Linken die Aussage kam, dass sich jeder fünf Euro mehr pro Eintrittskarte leisten kann, zeugt von einer gewissen Weltfremdheit von Leuten, die selbst über ein gutes Einkommen verfügen, von sich aber unreflektiert auf andere schließen. Forderungen nach höheren Eintrittspreisen kamen aber auch von anderen Seiten, nur leider ist das Theater Vorpommern kein Monopolist, welches fleißig an der Preisschraube drehen könnte. Viele Leute gehen nicht ins Theater, nicht unbedingt weil ihnen das Programm nicht gefällt, sondern sie das Geld dafür gar nicht übrig haben. Höhere Preise würden wiederum andere Leute dazu animieren weniger ins Theater zu gehen, wenn ihre Haushaltskasse zu arg strapaziert wird. Da die Einnahmen durch die Eintrittspreise nur einen Bruchteil des Budgets des Theaters ausmachen, würden nur die Besucher von einem Preisanstieg etwas mitbekommen. Eine Identifizierung der Bevölkerung mit dem heimatlichen Theater wird man nicht durch Preiserhöhungen erreichen.

Dass die Konzerte verhältnismäßig günstig sind, wenn man sie beispielsweise mit dem Schauspiel vergleicht, kann man nicht bestreiten. Hier wäre noch etwas Luft nach oben. Wenn man aber unbedingt etwas an den Einnahmen machen möchte, sollte man mal lieber schauen, wer unverdient von den Vergünstigungen profitiert, welche die Hansestadt Greifswald durch den Kultur- und Sozialpasses einkommensschwachen Leuten zu kommen lässt. So einige gutverdienende Akademiker mit drei Kindern zahlen dank der KuS an der Theaterkasse dieselben günstigen Preise wie beispielsweise Arbeitslose oder Leute mit niedrig bezahlten Jobs, die für diese immer noch recht hoch sind. Sozial sind auch nicht mehr die Arbeitsbedingungen des Ensembles welche pro Aufführung mehr Zeit auf der Straße als auf der Bühne verbringen müssen. Da Fahrzeiten ja nach Tarif auch Arbeitszeiten sein können, verringern sich damit auch die absoluten Arbeitszeiten.

Laut Artikel 16 der Landesverfassung, der sich mit der Förderung von Kultur und Wissenschaft beschäftigt, heißt es eindeutig. Land, Gemeinden und Kreise schützen und fördern Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft. Dabei werden die besonderen Belange der beiden Landesteile Mecklenburg und Vorpommern berücksichtigt. Dass schon geleistete Einsparungen zählen, gab Minister Brodkorb im August letzten Jahres zu als er bei einer Podiumsdiskussion im Stralsunder meinte, dass man nicht immer zurückblicken, sondern nach vorne schauen soll. Dieses wird dem Ostteil des Landes wieder blühen, wenn man Schwerin wieder blauäugig vertraut. Die Versprechen welche die heutige Landesregierung gibt, sind nichts als heiße Luft, denn wer weiß schon wer in ein paar Jahren an der Macht ist. Bis Ende Oktober hat Intendant Dirk Löschner noch Zeit, ein Gegenmodell für das Theater Vorpommern zu entwickeln, welches diesem die Eigenständigkeit ermöglichen soll.

Das Metrum-Gutachten wird übrigens am 18. August Gegenstand einer eigens dafür einberufenen Sondersitzung sein, bei der sich das Kultusministerium und die Beratungsgesellschaft den Fragen stellen wollen. Bis zum 11. August besteht für interessierte Leute die Möglichkeit das Gutachten betreffende Fragen an die Bürgerschaftskanzlei zu senden. (buergerschaft@greifswald.de)