Die Schildbürger von Ladebow und ihre Brücke über den Ryck

Behelfsbrücke in Wieck
Behelfsbrücke in Wieck

Die Behelfsbrücke über den Ryck hat ihre Aufgabe noch lange nicht erfüllt, schon muss man die ersten Begehrlichkeiten aus den Kreisen der Ortsteilvertretung von Wieck/Ladebow vernehmen, welche die Brücke anschließend in ihrem Sinne weiterverwenden möchte. In der Drucksache 06/204, die am 16. Februar in der Bürgerschaft beraten werden soll, soll die Stadtverwaltung prüfen, ob die Behelfsbrücke zukünftig etwa einen Kilometer von der Wiecker Brücke entfernt, als eine weitere Querung über den Ryck für eine bessere Verbindung von Ladebow und dem Ostseeviertel sorgen kann. Angeführt wird ein kürzerer Schulweg, den die Kinder aus Ladebow hätten, wenn sie auf Höhe der Hugo-Finke-Straße den Ryck überqueren könnten und sich so einen Umweg über die Wiecker Brücke sparen könnten, der etwa zwei Kilometer lang wäre. Ergänzend findet die Begründung des Antrages ihren Abschluss mit einer nicht mehr notwendigen Behelfsbrücke bei zukünftigen Reparaturen der Wiecker Brücke, wenn am genannten Standort eine Brücke vorhanden wäre. Was sich auf den ersten Blick wie ein hilfreicher Vorschlag anhört, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als völlig unsinnig, da man keine brauchbare Problemlösung ohne die Berücksichtigung äußerer Umstände finden kann.

Das kleinste Problem wäre die Antwort auf die Frage zu finden, warum der Weg von Ladebow über Wieck unzumutbar für Familien mit kindern sein soll, die sich in Ladebow ansiedeln können, bei Reparaturarbeiten die Leute einen Umweg von zwei Kilometern laufen sollen, um von der Bushaltestelle in Wieck auf die andere Seite des Ufers zu gelangen. Die Reparaturarbeiten sind zwar nur alle paar Jahre, was das Argument aber nicht ernsthaft entkräften könnte. Problematischer fällt da schon der Betrieb der beiden Brücken aus, über denen sich die Ortsteilvertretung Wieck/Ladebow offensichtlich keine Gedanken gemacht hat, denn sonst hätte sie keinen Antrag gestellt, deren Realisierung tief greifende Probleme mit sich bringen würde. Da der Ryck vom Museumshafen bis zur Mündung eine Bundeswasserstraße ist, stellen die Brücken prinzipiell ein Hindernis für die Schifffahrt dar, sodass man sich bei dem Betrieb der Brücken nach der Seeschifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO) richten muss, nach der die Schiffe prinzipiell Vorrang haben und notwendige Brückenöffnungen stellen das eigentliche Problem des Antrages dar.

In der Saison muss die Wiecker Brücke in der Zeit von 9:00 bis 20:00 Uhr stündlich geöffnet werden. So haben nicht nur die Schiffe die Möglichkeit die Brücke zu passieren, sondern auch die Touristen etwa fünfzehn Minuten lang die Gelegenheit Bilder von der geöffneten Zugbrücke mit den sie passierenden Schiffen zu machen. Diese müssen auf beiden Seiten der Brücke warten, bis dann erst die auslaufenden Schiffe und anschließend die einlaufenden Schiffe grünes Licht bekommen, die geöffneten Brücken durchfahren zu können. Soweit so gut, wäre in diesem Antrag nicht die Ladebower Brücke, welche entweder, die derzeitigen Brückenöffnungszeiten deutlich verlängern würde beziehungsweise die längste Zeit des Tages geöffnet sein müsste, im Endeffekt fast völlig unnütz wäre. Es gibt nun zwei Möglichkeiten die Brückenöffnung zu timen, entweder sind beide Brücken gleichzeitig geöffnet oder die Ladebower Brücke muss sich an die notwendigen Durchfahrtzeiten anpassen und entsprechen früher öffnen beziehungsweise schließen.

Laut Seeschifffahrtsstraßenordnung beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Ryck 4 Knoten, was etwa 7,4 Kmh ist. Bei einer Distanz von etwa einem Kilometer benötigt man mindestens 7 Minuten, was aber bei langsameren Schiffen auch schon mal 10 Minuten sein können. Öffnet man nun beide Brücken gleichzeitig, müssen die Schiffe jeweils an einer der beiden Brücken warten. Sie können zwar diese Brücke durchfahren, haben aber dann einen Kilometer Fahrt vor sich, bevor sie dann wieder vor der anderen Brücke warten müssen, bevor sie dann die zweite Brücke hinter sich lassen können. Dieses wäre aber ein Idealfall, der aber nur in der Nebensaison bei sehr wenig Schiffverkehr funktionieren könnte, in der Hauptsaison würde dieses Prinzip aufgrund von Vorfahrtsregelungen deutlich schwieriger zu handhaben sein. Problematisch sind bei diesem Ansatz langsamere Segelschiffe, welche für die Strecke zwischen beiden Brücken deutlich mehr Zeit benötigen, welche die Hälfte des derzeitigen Brückenzuges darstellt. Das Resultat wären verlängerte Brückenöffnungszeiten der Wiecker Brücke, die von derzeitig 15 Minuten auf bis zu 25 Minuten steigen würde. Man müsste nun fast eine halbe Stunde an der geöffneten Wiecker Brücke warten.

Eine andere Lösung wäre es, die Ladebower Brücke früher zu öffnen, damit die auslaufenden Schiffe vor der Wiecker Brücke warten können und sie nach der Passage der einlaufenden Schiffe zu schließen. So würde sich an den Brückenöffnungszeiten der Wiecker Brücke nichts ändern. Da man nun jeweils 10 Minuten Fahrzeit einplanen muss, würde sich eine theoretische Brückenöffnungszeit der Ladebower Brücke von 35 Minuten ergeben. Eine Brücke, welche mehr als die Hälfte der Zeit keine Brückenfunktion ausübt, dürfte die Bezeichnung Brücke nicht verdienen. Die Annahme, dass eine solche Brücke für den Ortsteil Ladebow und dessen schulpflichtige Kinder einen positiven Effekt bringen soll, ist bei solchen Zahlen mehr als fraglich. Fraglich ist auch die technische Umsetzung der Brückenöffnung der Ladebower Brücke, welche aus der Ferne realisiert werden soll. Rein rechtlich ist dieses aber nicht möglich, da bestimme Sicherheitsvorschriften zu beachten sind, welche durch eine solche Regelung nicht realisiert werden können.

Bei einer beweglichen Brücke muss man die Sicherheit der Leute beachten, welche diese nutzen möchten. Daher muss man nicht nur beide Seiten der Brücke sperren, sodass niemand diese während der Öffnung betreten kann, sondern auch dafür sorgen, dass sich vor der Brückenöffnung niemand mehr auf der Brücke befindet. Eine ins Auge gefasste Lösung mittels Überwachungskameras und Ampeln ist rechtlich nicht zulässig, sodass bei jeder Brückenöffnung ein Brückenwärter anwesend sein muss, der die Einhaltung der Sicherheitsvorschiften überwacht. Nicht nur dass für diese Brücke mindestens eine Stelle geschaffen werden müsste, ein Job übrigens, für den man ständig den Treidelpfad hin und her laufen und Leute von der Brücke scheuchen müsste, es fallen auch Wartungsarbeiten an, denn bewegliche Brücken haben für gewöhnlich einen höheren Verschleiß und verursachen dementsprechende Kosten. Bei einem solchen unausgegorenen Antrag kann man eigentlich nur noch an einen Schildbürgerstreich denken.