Was die Weisse Liste wirklich taugt

Universitätsmedizin Greifswald
Universitätsmedizin Greifswald

Man sollte keiner Statistik trauen, die man nicht selbst gefälscht hat und auch nicht über Dinge schreiben, von denen man keine Ahnung hat. Als unbedarfter Zeitungsleser sollte man auch nicht alles glauben, was in der Zeitung steht, schon gar nicht, wenn es um Statistiken geht. Recherche ist inzwischen ein Fremdwort in den Redaktionsstuben geworden und so ist es nicht verwunderlich, dass von Zeit zu Zeit eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird, über welche sich die Leute aufregen. Schlechte Nachrichten verkaufen sich besser als gute Nachrichten, so ist es nicht verwunderlich, dass heutzutage keine Aussagen mehr hinterfragt werden, sondern nur noch nach der Auflage geschaut wird. Ein Aufreger der letzten Woche war die angeblich schlechte Qualität zahlreicher Krankenhäuser, welche durch ein Ranking der Weissen Liste ersichtlich ist, hinter der sich unter anderen die Bertelsmann Stiftung verbirgt. Wenn man dieser Liste Glauben schenken würde, wäre die Universitätsmedizin Greifswald deutlich schlechter als das Kreiskrankenhaus Wolgast, eine Aussage, die man besser einmal hinterfragen sollte.

Hinter den veröffentlichten Zahlen der Weissen Liste verbergen sich nämlich keine Bewertungen von Fachleuten, sondern sind schlicht und einfach Einschätzungen ehemaliger Patienten, die streng genommen in einigen Belangen gar keine Aussagekraft besitzen, da allein die unterschiedlich große Anzahl der befragten Patienten, die übrigens von 77 bis zu 2338 reichen, Vergleiche schwierig machen. Zudem werden Krankenhäuser verschiedener Kategorien miteinander verglichen, die jeweils ein völlig anderes Profil an behandelten Krankheiten vorweisen können, sodass wieder einmal ein typischer Vergleich von Äpfeln und Birnen vorliegt. Schaut einmal genauer, mit welchen Fragestellungen die Patienten konfrontiert wurden, sind es eher subjektive Eindrücke, welche als Bewertungsmaßstab angesetzt wurden. So dürfte wohl der eine oder andere nicht unbedingt sich kulinarisch verwöhnt gefühlt haben, der dem typischen Krankenhausessen ausgesetzt wurde, aber auch die Wartezeiten im Krankenhaus empfindet man unter Schmerzen deutlich länger. Zur Visualisierung der subjektiven Eindrücke, braucht man sich nur die realen Zahlen anschauen und die Bewertungen, welche ihren Weg auf die Fragebögen fanden.

Recht weit oben findet man das MediClin Krankenhaus am Crivitzer See, welche mit 92 Prozent Weiterempfehlungsquote nach der Weissen Liste anführt, recht weit unten die Universitätsmedizin Greifswald, die mit 83 Prozent deutlich schlechter zu sein scheint. Mit 74 Krankenhausbetten ist das MediClin Krankenhaus am Crivitzer See deutlich kleiner als die 922 Universitätsmedizin Greifswald und viele dieser Betten werden durch werdende Mütter belegt. Während in Greifswald 557 Babys auf die Welt kommen, sind es in Crivitz nur 416 Babs. Die 416 Neugeborenen stellen in Krivitz aber einen Anteil von 10,8 Prozent, während die Geburten in Greifswald nur 1,7 Prozent aller Fälle darstellen. Schlaganfälle, Epilepsien und Verletzungen des Schädelinneren sind im Greifswalder Krankenhaus die häufigsten Beschwerden. Interessanterweise sind Krankenhäuser mit einem hohen Anteil an Geburten besser bewertet worden, als Krankenhäuser mit einem größeren Spektrum an Fachabteilungen. Schlecht bewertet wurden auch die Krankenhäuser in Rostock, Wismar, Stralsund, Ueckermünde, Güstrow und Röbel/Müritz, deren Behandlungsprofil übrigens mit „Psychische bzw. Verhaltensstörung durch Alkohol“ angeführt wird.

Dass die Bewertungen völlig subjektiv sind und auch nicht die verschiedensten Krankheiten und deren Behandlungen widerspiegeln, sieht man an den Zahlen, die deutlichere Aussagen zulassen. Während in Greifswald 68 vollstationär behandelte Fälle auf jeden Arzt kommen, müssen die Krivitzer Kollegen 159 Fälle behandeln. Bei den Greifswalder Fachärzten ist die Anzahl der Fälle auch deutlich kleiner, selbst die behandelten Fälle je Pflegekraft fällt mit 46 deutlich niedriger aus, als in Krivitz, wo es 53 Fälle sind. Demgegenüber stehen Bewertungen im Raum, welche die Wartezeiten und das Pflegepersonal betreffen, welche in die andere Richtung gehen. Aufgrund des niedrigen Datenbestandes wurden in der Weissen Liste bisher erst 34 der insgesamt 46 Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern bewertet, was nicht unbedingt für die Aussagekraft der Analyse spricht. 75 Bewertungen muss jedes Krankenhaus vorweisen, bis überhaupt ein offizieller Wert veröffentlicht wird. Dass man sich ein Krankenhaus nicht unbedingt nach dem Essenplan, sondern der Heilungsquote aussucht, sollte eigentlich klar sein, nur findet man zu dieser keine Werte.

  Universitätsmedizin Greifswald MediClin Krankenhaus am Crivitzer See
Gesamtbettenzahl des Krankenhauses 922 74
Vollstationäre Fallzahl 35570 4111
Teilstationäre Fallzahl 1770 1401
Ambulant durchgeführte Operationen und sonstige stationsersetzende Maßnahmen 5861 1322
Patientenempfehlung ∅ 82 % 82% 92%
befragte Patienten 1020 261
Würden Sie dieses Krankenhaus Ihrem besten Freund / Ihrer besten Freundin weiterempfehlen? ∅ 82 % 83 % 92 %
Zufriedenheit mit ärztlicher Versorgung ∅ 83 % 84 % 88 %
Berücksichtigung der Wünsche und Bedenken bei der Behandlung ∅ 81 % 81 % 85 %
Umgang der Ärzte mit Patienten ∅ 85 % 85 % 90 %
Auskunft durch Ärzte ∅ 82 % 83 % 86 %
Qualität der medizinischen Versorgung ∅ 84 % 86 % 89 %
Zufriedenheit mit pflegerischer Betreuung ∅ 82 % 82 % 87 %
Berücksichtigung der Wünsche und Bedenken bei der Betreuung ∅ 81 % 82 % 87 %
Umgang der Pflegekräfte mit Patienten ∅ 85 % 85 % 90 %
Auskunft durch Pflegekräfte ∅ 79 % 79 % 85 %
Qualität pflegerischer Betreuung ∅ 81 % 82 % 86 %
Zufriedenheit mit Organisation und Service ∅ 78 % 77 % 86 %
Wartezeiten ∅ 75 % 74 % 86 %
Aufnahme ∅ 82 % 80 % 88 %
Sauberkeit ∅ 79 % 80 % 85 %
Essensversorgung ∅ 76 % 71 % 85 %
Entlassung ∅ 79 % 79 % 87 %
Vollstationär behandelte Fälle je Arzt 68 159
Vollstationär behandelte Fälle je Facharzt 156 218
Vollstationär behandelte Fälle je Pflegekraft 46 53
Die zehn häufigsten Krankheiten / Fälle / Anteil
  • Schlaganfall – Hirninfarkt 725 2,1 %
  • Epilepsie 600 1,8 %
  • Verletzung des Schädelinneren 557 1,7 %
  • Neugeborene 557 1,7 %
  • Grüner Star – Glaukom 485 1,4 %
  • Herzschwäche 388 1,2 %
  • Brustkrebs 382 1,1 %
  • Herzrhythmusstörung 362 1,1 %
  • Lungenentzündung 361 1,1 %
  • Bronchialkrebs bzw. Lungenkrebs 346 1,0 %
  • Neugeborene 416 10,8 %
  • Herzschwäche 167 4,3 %
  • Schulterverletzung 150 3,9 %
  • Arthrose des Kniegelenkes 149 3,9 %
  • Arthrose Hüftgelenkes 134 3,5 %
  • Gallensteinleiden 107 2,8 %
  • Bandscheibenschaden 78 2,0 %
  • Schleimhautentzündung Magen/Darm 70 1,8 %
  • Bluthochdruck 67 1,7 %
  • Blutvergiftung 63 1,6 %
Fachabteilungen
  • Allgemeine Chirurgie
  • Allgemeine Psychiatrie
  • Augenheilkunde
  • Dermatologie
  • Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
  • Hämatologie und internistische Onkologie
  • Innere Medizin
  • Kardiologie
  • Intensivmedizin
  • Kinderchirurgie
  • Neurochirurgie
  • Neurologie
  • Nuklearmedizin
  • Orthopädie
  • Pädiatrie
  • Radiologie
  • Schmerztherapie
  • Strahlenheilkunde
  • Unfallchirurgie
  • Urologie
  • Zahn- und Kieferheilkunde, Mund- und Kieferchirurgie
  • Allgemeine Chirurgie
  • Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • Innere Medizin
  • Intensivmedizin
  • Orthopädie und Unfallchirurgie
Die zehn häufigsten Operationen und Prozeduren
  • Computergestützte Analyse von Bilddaten mit 3D-Auswertung 8626 4,5 %
  • Intensivmedizinische Überwachung von Atmung, Herz und Kreislauf ohne Messung des Drucks in der Lungenschlagader und im rechten Vorhof des Herzens 7568 4,0 %
  • Sonstiges therapeutisches Verfahren zur Beeinflussung des Immunsystems 6872 3,6 %
  • Computertomographie (CT) des Schädels ohne Kontrastmittel 5994 3,2 %
  • Strahlenbehandlung mit hochenergetischer Strahlung bei Krebskrankheit – Hochvoltstrahlentherapie 5052 2,7 %
  • Narkose mit Gabe des Narkosemittels über die Vene 4930 2,6 %
  • Computergestützte Darstellung von Körperstrukturen in Dreidimensionalität – Virtuelle 3D-Rekonstruktionstechnik 3902 2,1 %
  • Computertomographie (CT) des Bauches mit Kontrastmittel 3228 1,7 %
  • Untersuchung der Speiseröhre, des Magens und des Zwölffingerdarms durch eine Spiegelung 2995 1,6 %
  • Messung der Gehirnströme – EEG 2946 1,6 %
  • Intensivmedizinische Überwachung von Atmung, Herz und Kreislauf ohne Messung des Drucks in der Lungenschlagader und im rechten Vorhof des Herzens 635 10,2 %
  • Versorgung eines Neugeborenen nach der Geburt 420 6,7 %
  • Untersuchung der Speiseröhre, des Magens und des Zwölffingerdarms durch eine Spiegelung 358 5,7 %
  • Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus dem oberem Verdauungstrakt, den Gallengängen bzw. der Bauchspeicheldrüse bei einer Spiegelung 300 4,8 %
  • Wiederherstellende Operation an Sehnen bzw. Bändern des Schultergelenks durch eine Spiegelung 278 4,5 %
  • Überwachung und Betreuung einer normalen Geburt 254 4,1 %
  • Übertragung (Transfusion) von Blut, roten Blutkörperchen bzw. Blutplättchen eines Spenders auf einen Empfänger 213 3,4 %
  • Computertomographie (CT) des Bauches mit Kontrastmittel 194 3,1 %
  • Computertomographie (CT) des Schädels ohne Kontrastmittel 145 2,3 %
  • Operatives Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks 143 2,3 %
Die zehn häufigsten ambulant durchgeführten Operationen und stationsersetzenden Maßnahmen
  • Operative Entfernung der Augenlinse ohne ihre Linsenkapsel 1322
  • Operative Zerstörung von erkranktem Gewebe der Netz- bzw. Aderhaut 315
  • Untersuchung der Gebärmutter durch eine Spiegelung 280
  • Untersuchung der Harnröhre und der Harnblase durch eine Spiegelung 274
  • Einlegen, Wechsel bzw. Entfernung einer Harnleiterschiene 253
  • Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus der Gebärmutterschleimhaut ohne operativen Einschnitt 240
  • Operative Entfernung der Rachenmandeln bzw. ihrer Wucherungen (ohne Entfernung der Gaumenmandeln) 214
  • Operativer Einschnitt in das Trommelfell 191
  • Untersuchung des Dickdarms durch eine Spiegelung – Koloskopie 182
  • Operative Entfernung oder Zerstörung von (erkranktem) Gewebe des Augenlides 163
  • Untersuchung des Dickdarms durch eine Spiegelung – Koloskopie 545
  • Operation am Gelenkknorpel bzw. an den knorpeligen Zwischenscheiben (Menisken) durch eine Spiegelung 271
  • Untersuchung der Gebärmutter durch eine Spiegelung 170
  • Operativer Verschluss eines Leistenbruchs (Hernie) 54
  • Entfernung von Hilfsmitteln, die zur Befestigung von Knochenteilen z.B. bei Brüchen verwendet wurden 49
  • Operative Entnahme einer kegelförmigen Gewebeprobe aus dem Gebärmutterhals 38
  • Operative Behandlung von Hämorrhoiden 30
  • Ausschabung zur Beendigung der Schwangerschaft 28
  • Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus Muskeln bzw. Weichteilen durch operativen Einschnitt 17
  • Untersuchung des Bauchraums bzw. seiner Organe durch eine Spiegelung 16

Quelle: Weisse Liste