Theater Vorpommern – Ordnung und Widerstand – Spektakel auf allen Bühnen

Theater Vorpommern - Die Gerechten
Theater Vorpommern - Die Gerechten

Minimalismus pur bietet das Bühnenbild in Albert Camus Schauspiel Die Gerechten, mit dessen Inszenierung Reinhard Göber seinen Beitrag für das Spektakel auf allen Bühnen als Höhepunkt der aktuellen Spielzeit abliefert, die unter dem Motto Ordnung und Widerstand steht. Ein Sessel und ein Banner dominieren den ansonsten fast leeren Raum und überlassen der im Stück behandelten Thematik die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Die Gerechtigkeit als Begriff ist äußerst dehnbar, denn darüber ob ein Mord, durch den man politische Interessen durchsetzen möchte, überhaupt gerecht ist, darüber lässt es sich wahrlich streiten. Fakt ist jedenfalls, dass alle blutige Revolutionen nicht das bewirkten was sie ursprünglich wollten, auf eine gewalttätige Herrschaft folgte eine anderen. Das war auch im Fall der russischen Oktoberrevolution nicht anders, denn nach dem autokratischen Zaren folgte die sogenannte Herrschaft des Proletariats, die mit Stalins Terrorherrschaft bekanntlich ihren Höhepunkt der Gewalttätigkeit fand. In seinem Stück Die Gerechten verarbeitet Albert Camus das Attentat auf den Großfürsten Sergej Alexandrowitsch Romanow und stellt dabei die Frage, ob es gerecht ist, mit einem Mord eine gerechtere Welt erschaffen zu wollen. In den Rollen der fünf Terroristen sind Stefan Hufschmidt, Susanne Kreckel, Tobias Bode, Felix Meusel und Marvin Rehbock zu erleben, die den Abend deutlich nachdenklicher ausklingen lassen.

Nachdenklicher insoweit, dass man je nach Wahl des ersten Stückes deutlich leichtere Kost genießen konnte. So beschäftigen sich Pauline Beaulieu und Sebastian Undisz in Ode an die Ordnung – Eine vielstimmige Gebrauchsanleitung gegen das Chaos der Welt humorvoll mit dem Prinzip der Ordnung, denn wie kann man sich besser mit dieser beschäftigen, als die starre Ordnung in Frage zu stellen, indem man sie vertont und damit humorvoll beseitigt. Für dieses hat Sebastian Undisz die verschiedensten Texte mit Kompositionen unterlegt und lässt dabei auch seine Finger nicht von Gesetzestexten und Vorschriften. Bei der Vorstellung der neuen Probebühne konnte man schon die ersten Eindrücke bekommen, welches Konzept die beiden Schöpfer des Stückes verfolgen, dessen Inszenierung von einem Laienchor unterstützt wird, dessen Mitglieder schon in den verschiedensten Aufführungen des Theater Vorpommern zu erleben waren. Ode an die Ordnung gehört ebenso wie TELEVISATOR zu den Stücken, die nur im Rahmen des Theaterspektakels zu sehen sein werden, während die anderen Stücke ihren Platz in der neuen Spielzeit finden werden. Letzteres Stück entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Friedrich Kirschner von der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin und mehreren seiner Studenten. Untertitelt mit Game on Stage setzt sich diese Performance mit systemkritischen Produkten auseinander indem diese Problematik als eine Art kollektiver Erfahrung umgesetzt wird.

Mit einem Auftritt bei dem er sich um die Angemessenheit seiner Abendgarderobe keinen Kopf machen musste, er hatte schließlich nichts an, schaffte es Sébastien Thiéry die Problematik der brotlosen Kunst öffentlichkeitswirksam zu thematisieren. Dies machen die beiden Protagonisten in seinem Erfolgsstück Deux hommes tout nus aber nicht, denn wenn sich die beiden Kollegen nichtsahnend nackt in einem Bett wiederfinden, versuchen diese die Geschehnisse des Tages zu rekonstruieren, da keiner sich daran erinnern kann, wie sie in diese für beide peinliche Situation geraten sind. Dumm nur, dass in dem Augenblick die Frau des einen die Wohnung betritt, ihren Mann für einen verkappten Schwulen hält, der nun alles unternimmt, seiner Frau zu beweisen, das dem nicht so ist. In der ansonsten humorvollen Auswahl der ersten Stücke schert das von Clemens J. Setz verfasste Vereinte Nationen heraus, denn es ist alles andere als dieses, wohl eher verstörend, denn in diesem thematisiert er Kindesmissbrauch durch Eltern, die ihre sadistischen Spielchen mit einer Kamera festhalten und die Filme an interessierte Abnehmer verkaufen. Mit der Inszenierung von Dantons Tod hat Annett Kruschke ihr Talent als Regisseurin schon beweisen können, mit Vereinte Nationen wagt sie sich nun an einen deutlich schwierigeren Stoff.

Termine

26. Mai 2018 18:00 Uhr Theater Greifswald
02. Juni 2018 18:00 Uhr Theater Stralsund
16. Juni 2018 18:00 Uhr Theater Stralsund
23. Juni 2018 18:00 Uhr Theater Greifswald

Ensemble

Zwei Männer ganz nackt
Oliver Scheer – Regie
Xenia Hufschmidt – Ausstattung
Sascha Löschner – Dramaturgie
Jan Bernhardt – Alain Kramer
Ronny Winter – Nicolas Prioux
Maria Steurich – Catherine Kramer

Vereinte Nationen
Annett Kruschke – Regie
Christopher Melching – Ausstattung
Till Sündermann – Video und Licht
Oliver Lisewski – Dramaturgie
Melina Sanchez – Karin
Alexander Frank Zieglarski – Anton
Frederike Duggen – Oskar / Jessica
Erwin Bröderbauer – Kind

Ode an die Ordnung
Pauline Beaulieu – Regie
Sebastian Undisz – Kompositionen und musikalische Leitung
Christopher Melching – Ausstatzung
Oliver Lisewski – Dramaturgie
mit Sarah Bonitz, Manfred Ohnoutka, Markus Voigt
Chor Alicia von Dambrowski, Ulrike Jesse, Alin Kölpin, Natalie Köpsel, Barbara Lebert, Theresa Ohly, Andreas Päßler, Sophia Pietz, Hartmut Rothe, Carsten Schulz, Dietlinde Schwarz, Kerstin Sothmann, Julia Vogel

TELEVISATOR
Maikel Drexler, Konrad Kolodziej

Die Gerechten
Reinhard Göber – Regie
Xenia Hufschmidt – Ausstattung
Oliver Lisewski – Dramaturgie
Stefan Hufschmidt – Boris Annenkow/Skuratow
Susanne Kreckel – Dora Duljebow
Tobias Bode – Janek Kaljajew
Felix Meusel – Stepan Fjodorow
Marvin Rehbock – Alexej Woinow