4.48 Psychose – Theater im Café Koeppen

Um 4:48 war ihr Verstand am klarsten, um 4:48 wirkten die verabreichten Medikamente nicht mehr, um 4:48 war sie in der Lage ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Aneinandergereihte Monologe und Dialoge, auf dem ersten Blick ergeben sie keinen Sinn, bei genauerem Hinschauen offenbart sich in diesem fragmentartig zusammengesetzten Text die Seelenlage einer unter starken Depressionen leidenden Person. Letztendlich sollte Sarah Kane ihr Leiden durch einen Suizid beenden, nachdem sie das Manuskript von 4.48 Psychose fertiggestellt hatte. Nach Zerbombt, Phaidras Liebe, Gier und Gesäubert sollte 4.48 Psychose ihr fünftes und letztes Drama werden. Nur wenige Tage nachdem sie das Manuskript ihrem Verleger übergab, sollte sie am 20. Februar 1999 ihrem Leben ein Ende setzen und verhalf diesem Stück eher unfreiwillig große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Unter der Regie von James Macdonald sollte 4.48 Psychose am 23. Juni 2000 am Londoner Royal Court Theatre seine Uraufführung haben. Die von Durs Grünbein geschriebene deutsche Fassung, brachte Thirza Bruncken am 7. November 2001 auf die Bühne der Münchner Kammerspiele. Seitdem wurde und wird dieses Stück auch an zahlreichen Theatern aufgeführt und nun auch in Greifswald.

4.48 Psychose ist nicht das erste Drama von Sarah Kane, dass in Greifswald aufgeführt wurde, schon 2010 inszenierte Jan Böde mit Elke Zeh, Jan Bernhardt und Katja Klemt ihr Skandalstück Zerbombt. Bei dieser Inszenierung wird man aber neue Wege beschreiten, denn seit einiger Zeit beginnt sich das Koeppenhaus als Kleinkunstbühne zu etablieren. Das beliebte TresenLesen gibt es schon seit über zehn Jahren, der Sonderholm spielt immer vor vollem Haus, schon mehrmals gastierte die Seebühne Hiddensee und nun macht sich Hannes Rittig, der Betreiber des Café Koeppen, daran, mit mehreren der ehemaligen Ensemblemitglieder des Theater Vorpommern Theater im Café Koeppen zu etablieren. Neben Elke Zeh und Grian Duesberg übernimmt Hannes Rittig eine der drei Rollen, die steng genommen gar keine sind, da das Manuskript von Sarah Kane keine solchen vorgibt. Für die Inszenierung konnte die freischaffende Regisseurin Uta Koschel gewonnen werden, deren Inszenierung von Das Fest am Theater Vorpommern, der letzte große Auftritt des gesamten damaligen Ensembles war.

Mit 4.48 Psychose wird man wohl keine großen Theatersäle füllen können, allzu tabuisiert ist die Problematik der psychischen Krankheiten in der Gesellschaft. Bei einem Anteil von etwa einem Prozent der Bevölkerung ist die Menge der Leute welche unter einer Psychose leiden, recht überschaubar und somit einfach zu ignorieren. Im Gegensatz zu den an körperlichen Gebrechen leidenden Menschen, deren Behinderungen offensichtlich bemerkbar sind, werden die psychische Krankheiten gerne verschwiegen. Mit ihrem Manuskript öffnet Sarah Kane den geistig gesunden Menschen einen Blick in das dekonstruktiven Innere einer Person, welche durch ihre Psychose zumindest zeitweise unter einem mehr oder weniger starken Bezugsverlust zur Realität erfährt. Nach dem Weird Girl Projekt und der Opernale ist die Inszenierung von 4.48 Psychose übrigens schon das dritte Projekt, welches mit der Hilfe von privaten Spendengeldern realisiert werden soll. Ob diese Gelder gut angelegt waren kann man schon am 11. April herausfinden, wenn Elke Zeh, Grian Duesberg und Hannes Rittig ihr Publikum in Sarah Kanes befremdliche Seelenwelt entführen wollen.

Termine
11. April 2013 – Premiere
20. April 2013
21. April 2013
8. Mai 2013
9. Mai 2013
7. September 2013
8. September 2013
jeweils 20:00 Uhr