Zu den Traditionen der Greifswalder Bachwoche gehören die Konzerte in Kirchen außerhalb von Greifswald, die bei einem Tagesausflug erkundet werden. In diesem Jahr sind es aber keine Kirchen der näheren Umgebung welche der Bus der Greifswalder Bachwoche ansteuern wird, denn das älteste Musikfestival Mecklenburg-Vorpommerns begibt sich nach eigenen Aussagen in seine geistige Heimat. Diese ist in der pommerschen Metropole Stettin zu finden in der die als Mutter der Greifswalder Bachwoche verehrte Annelise Pflugbeil als Solistin bei der dort zum ersten Mal veranstalteten Bachwoche mitwirkte, welche der dortige Kirchenmusikdirektor Theo Blaufuß im Jahre 1943 veranstaltete. Bekanntlich landete Annelise Pflugbeil in Greifswald, wo sie nicht nur ihren späteren Mann, den Landeskirchenmusikdirektor Hans Pflugbeil kennenlernte, sondern mit ihm auch die Greifswalder Bachwoche ins Leben rief.
Neunundsechzig Festivals konnte sie ihre künstlerische Handschrift verleihen, für das siebzigste Festival wird das Gedenken an sie die Inspiration sein, welche zahlreiche Freunde der Kirchenmusik am Montag den 13. Juni in die Stadt bringen wird, in der vor über siebzig Jahren alles begann. Auf dem Programm stehen unter anderem geistliche Morgenmusik, ein Vortrag über die Geschichte der Greifswalder Bachwoche, ein Mittagessen auf dem an vor der imposanten Hakenterasse ankernden Restaurantschiff Ladoga sowie eine Führung durch die Stadt an der Oder, welche langsam aber stetig wieder ihre alte Schönheit wiederbekommt. Höhepunkt des Tagesausflugs wird das Konzert in der Stettiner Jakobskathedrale sein in dem die von Kirchenmusikdirektor Jochen A. Modeß komponierte Friedenskantate Pro Pace – Mache mich zum Werkzeug deines Friedens zu erklingen soll.
Die Architektur im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörte Kirche trägt übrigens auch die Handschrift von Heinrich Brunsberg, dem wohl bekanntesten Baumeister der norddeutschen Backsteingotik. Im Reisepreis von 60.00 Euro sind auch schon die Eintrittskarten für die beiden Konzerte und das Mittagessen enthalten. Einen ersten Eindruck über das diesjährige Programm bekommt man bei der traditionellen Einführung in die Greifswalder Bachwoche, die am 30. Mai im Alfried Krupp Wissenschaftskolleg stattfindet. Baltisch ist das Thema des diesjährigen Festivals, über das Kirchenmusikdirektor Jochen A. Modeß im Auftrag der Gesellschaft zur Förderung der Greifswalder Bachwoche e.V. ausführlich referieren wird. Bis zum eigentlichen Festival muss man sich ber noch etwas gedulden, denn das erste Konzert des mit dem Titel In Memoriam Annelise Pflugbeil findet erst am 12. Juni in der Aula der Universität statt.
Bei diesem Konzert sind es aber die tschechischen Komponisten Adam Vaclav Michna, Jiri Antonin Benda und Jaroslav Tuma die zusammen mit dem namensgebenden Johann Sebastian Bach und seinem Son Carl Philipp Emanuel Bach auf dem Programm, welches Jaroslav Tuma in der Tradition von Annelise Pflugbeil als stille Eröffnung auf dem Clavichord spielen will. Die Musik der Komponisten aus den baltischen Ländern kann man bei den anderen Konzerten entdecken, von denen insgesamt zwanzig auf dem Programm stehen, zumindest für welche man Eintritt bezahlen muss. Eigentlich sind es aber nur neunzehn Konzerte, denn hinter dem Konzert 8 verbirgt sich das Jugend-Tanzprojekt Ein Sommernachtstraum von Barbara Buck welches sie zusammen mit den Schüler der Klasse 7a des Greifswalder Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums und dem Orchester der Greifswalder Bachwoche am 15. Juni im Dom St. Nikolai aufführen wird.
Die beiden estnischen Komponisten Rudolf Tobias und Arvo Pärt gehören zu unter anderem zu denjenigen Komponisten aus dem Baltikum, deren Werke in diesem Jahr erklingen sollen. Der im Jahre 1873 geborene Rudolf Tobias gehörte zu den Schülern des Nikolai Rimski-Korsakow der am St. Petersburger Konservatorium unterrichtete. Später ging er nach Berlin, wo er selber unterrichten sollte. Berlin war für viele Jahre auch der Lebensmittelpunkt von Arvo Pärt, der aufgrund politischer Umstände nach Deutschland immigrieren musste. Inzwischen lebt er wieder in seiner alten Heimat in der sich Chorfeste großer Beliebtheit erfreuen. Um musikalisch ganz beim diesjährigen Thema Baltisch zu bleiben, erwartet die Besucher des Festivals am 17. Juni ein Chorfest im Museumshafen mit zahlreichen Chören der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Ob dann auch ein über tausend Köpfe zählender Chor sein wird, wie man im Baltikum des Öfteren hören kann, wird der Tag zeigen.
Konzerte |
---|
Konzert 01 – In Memoriam Annelise Pflugbeil 12. Juni 2016 16:00 Uhr Aula der Universität |
Konzert 02 – Rudolf Tobias – Des Jona Sendung 12. Juni 2016 20:00 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 03 – Baltisch-Bachisch 13. Juni 2016 17:00 Uhr Akademia Sztuki w Szczecinie |
Konzert 04 – Jochen A. Modeß – Pro Pace – Mache mich zum Werkzeug deines Friedens, Donu pacon 13. Juni 2016 20:00 Uhr Jakobskathedrale Stettin |
Konzert 05 – Orgelkonzert 14. Juni 2016 16:00 Uhr Marienkirche |
Konzert 06 – Von der Adria an die Ostsee – italienische Musik in Nordeuropa 14. Juni 2016 20:00 Uhr Jacobikirche |
Konzert 07 – Peter Tenhaef – Die gerechten Klagen Oratorium zum Tod Augusts des Starken 14. Juni 2016 22:00 Uhr Aula der Universität |
Konzert 08 – Ein Sommernachtstraum – Jugend-Tanzprojekt 15. Juni 2016 12:00 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 09 – Pioniere und Vollender – zwei innovative Geister 15. Juni 2016 16:00 Uhr Pommersches Landesmuseum |
Konzert 10 – Arvo Pärt – Passio Domini Nostri Jesu Christi secundum Joannem 15. Juni 2016 20:00 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 11 – The Lord of the Rings – eine Symphonie & baltische Schlagwerkmusik 15. Juni 2016 22:00 Uhr Jacobikirche |
Konzert 12 – Kinderkonzert I Nordic Walking 16. Juni 2016 11:30 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 13 – Kinderkonzert II Nordic Walking 16. Juni 2016 15:00 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 14 – So gut wie Bach 16. Juni 2016 16:00 Uhr Aula des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums |
Konzert 15 – Große Kammermusik 16. Juni 2016 20:00 Uhr Jacobikirche |
Konzert 16 – Alles, alles verdanke ich Bach! 17. Juni 2016 16:00 Uhr Aula der Universität |
Konzert 17 – Chorfest wie im Baltikum 17. Juni 2016 20:00 Uhr Open-Air-Bühne am Museumshafen |
Konzert 18 – Polnische Musik-Familie 18. Juni 2016 16:00 Uhr Bugenhagenkirche Greifswald-Wieck |
Konzert 19 – Johann Sebastian Bach: Johannespassion BWV 245 18. Juni 2016 20:00 Uhr Dom St. Nikolai |
Konzert 20 – Midnight prayer 18. Juni 2016 23:00 Uhr Jacobikirche |