Hose runter beim Kartenkauf! oder In den Abgründen des Kultur- und Sozialpasses

Mit dem Kultur- und Sozialpass bietet die Universitäts- und Hansestadt Greifswald Bürgerinnen und Bürgern mit einem geringen Einkommen Vergünstigungen an, damit sie die zahlreichen Angebote von Einrichtungen nutzen können.

In der letzten Bürgerschaftssitzung wurde die AG Kultur- und Sozialpass aufgehoben und dessen Aufgabenbereich dem eine Sitzung zuvor ins Leben gerufenen Ausschuss für Soziales, Jugend, Inklusion, Integration, Gleichstellung und Wohnen zugewiesen worden. Schade um die AG ist es wahrlich nicht, lag deren Nutzen letztendlich nur darin, den alljährlichen Leistungskatalog aufzustellen und das Ergebnis von der Bürgerschaft abnicken zu lassen. Das Problem an einer Änderungssatzung liegt aber darin, dass man als Bürgerschaftsmitglied nur die jeweiligen Änderungen abnicken, sich mit der Satzung des Kultur- und Sozialpasses an sich nicht mehr beschäftigen muss. Damit könnte man die Existenz einiger Formulierungen der Satzung erklären, die letztendlich nichts anderes darstellen, hilfsbedürftigen Menschen etwas von ihrer Würde zu nehmen und zu Bittstellern zu machen, in einer Art und Weise die nicht notwendig wäre, wenn der Kultur- und Sozialpass so umgesetzt werden würde, wie die Selbstdarstellung ist, die mit der Realität nicht viel gemein hat, denn von den Leitungen des Greifswalder Kultur- und Sozialpasses profitieren nicht nur Menschen mit einem geringen Einkommen, sondern auch genug Zeitgenossen, die es eigentlich nötig hätten, unterstützende Sozialleistungen abgreifen zu müssen.

Das beste Beispiel für eine Schieflage der Greifswalder Sozialpolitik ist die Professorinnengattin im Pelzmantel, die an der Theaterkasse ihren Kultur- und Sozialpass vorlegt um preisreduzierte Eintrittskarten für sich und ihren Göttergatten erwirbt, der als Mitglied des Leerkörpers der Universität Greifswald, der es so offenbar schlecht geht, dass sie sogar ihren altehrwürdigen Namen Ernst Moritz Arnd in Zahlung geben musste, um die Gehälter ihrer Angestellten zahlen zu können, nach den Vorlesungen die Mülleimer der Stadt nach Leergut durchwühlen muss, um seine Familie mit Ach und Krach mit dem ersammelten Flaschenpfand durchbringen zu können. Eine Professur ist offenbar auch nicht mehr dass, was es mal war. Oder doch? Etwas skurril ist die Liste der Bedürftigen schon, welche auf die Leistungen der Sozialleistungen des Kultur- und Sozialpasses zurückgreifen können, denn das geringe Einkommen, mit dem Greifswald für sich wirbt, kann man locker mit anderen Details umdeuten und so für sich in Anspruch nehmen. Eigentlich ist die Satzung recht pervers. Man muss nur eigentlich nur ein Single sein und ein Kind haben oder eine Familie mit drei Kindern angehören, schon hat man ein Anrecht auf Sozialleistungen.

§ 2 Begünstigte Personen
Begünstigte sind Personen, die eine der nachfolgenden Voraussetzung erfüllen:
Bezieher von Arbeitslosengeld II
Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherungsleistungen
Wohngeldempfänger
Befreiung von der Zuzahlungen zu Medikamenten
Studenten und Studentinnen mit Hauptwohnsitz in Greifswald
Leistungsberechtigte nach §§ 1, 2 AsylbLG
Auszubildende mit Hauptwohnsitz in Greifswald
Alleinerziehende mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern
Familien mit drei oder mehr minderjährigen Kindern

OK, man muss in Greifswald wohnen, ein beträchtliches Vermögen zu haben ist aber völlig irrelevant, man könnte sogar auf der Forbes-Liste recht weit oben stehen und aber bei der Definition der Satzung sogar ein Anrecht auf unterstützende Sozialleistungen haben, zumindest wenn man in Greifwald wohnt. Andere hätten ja keinen Anspruch auf diese Leistungen. Egal, wenn man in Greifswald wohnt und einen Anspruch hätte, gibt es genug Regelungen, die einen von der Beanspuchnahme abhält, denn Würde ist offenbar ein Wort im Duden, fünf Buchstaben, bei Scrabble fast schon ein berechtigter Grund das Spiel zu verlieren. Ein Wort mit fünf Buchstaben … Looser! Aber nicht an der Theaterkasse. In der Satzung steht, dass man bei Vorlage eines Nachweises der Behörde beziehungsweise der Bewilligungsbescheinigung und des Personalausweises vergünstigte Ticktes bekommt. Asozial ist nur die Umsetzung der Regelung, denn bekanntlich ist die Abendkasse alles andere als andere als ein Ort der Vertraulichkeit, denn hier soll man die Bewilligungsbescheid der Ämter vorlegen, um die vergünstigten Eintrittskarten für die Theatervorstellungen kaufen zu können. Bekanntlich ist die Abendkasse die Zeit, in der die Schlange vor der Kasse alles andere als kurz ist. Eine Zeit, in der man als bedürftige Person die Hosen herunterlassen muss, um mit einem unnötigen Aufwand öffentlich sich als arbeitslos oder sozial bedürftig outen zu müssen um, die einem zustehenden vergünstigten Karten erwerben zu können.

Für fast alle Veranstaltungen des Theaters Vorpommern erhalten Inhaber des Passes nach Vorlage bereits im Vorverkauf Theaterkarten in Preisabhängigkeit von Sparte und Platzkategorie für 7 bis 19 €. Sonderpreise für einkommensschwache Personen Bezieher von ALG II und von Leistungen im Rahmen des SGB XII erhalten für die Vorstellungen des Theaters Vorpommern Karten für nur 2 €. Ausgenommen sind Gastspiele und Sonderveranstaltungen. Die Karten sind nach Verfügbarkeit nur an der Abendkasse bei Vorlage eines Nachweises der Behörde bzw. der Bewilligungsbescheinigung und des Personalausweises erhältlich.

Dass diese Regelung des Kultur- und Sozialpasses einen Verstoß gegen die DSGVO darstellt, braucht man nicht zu erwähnen, dass auch das Theater Vorpommern einen würdevolleren Umgang mit ihren Kunden gerne hätte, nicht, denn man könnte den Nachweis der Bedürftigkeit würdevoller gestalten. Körperlich behinderte Personen mit einem Anspruch auf eine Begleitperson haben diese in den Ausweisen vermerkt … es gibt keine Diskussionen um einen Nachweis, man muss nur den Behindertenausweis vorlegen und der Anspruch ist für die jeweilige Kasse ist begründet. Keine Diskussion und kein peinliches Outing in der Öffentlichkeit wären notwendig! Anders sieht es aus mit den Leuten vom Stamme Nimm, welche die Akzeptanz des Kultur- und Sozialpasses in den letzten Jahren hintertrieben haben Ein schönes Beispiel dafür ist der Mieterverein Vorpommern-Greifswald, der seit einigen Jahren den Kultur- und Sozialpass nicht mehr akzeptiert, da zu viel Missbrauch mit diesem betrieben wurde. Der Verein ist prinzipiell solidarisch aufgestellt. Man wird Mitglied und wird bei Problemen geholfen. Leider gibt es auch genug Leute, die erst bei auftretenden Problemen eintreten und nach schnell nach der Lösung des Problems austreten. Darunter waren auch Exemplare, welche den Kultur- und Sozialpass als Sparmaßnahme ansahen, um als Mieter eine preiswerte Rechtsberatung zu kommen, nur um kurz später und einem Austritt als Vermieter auf der Gegenseite zu stehen.

Auch andere Vergünstigungen sind relativ lächerlich. Wer beispielsweise die 13.00 Euro für eine Veranstaltung im St Spiritus nicht hat, hat bestimmt auch die 11.00 Euro nicht, mit welchen der Kultur- und Sozialpass ihnen den Besuch der Veranstaltung ermöglichen möchte. Der Kultur- und Sozialpass hat ein prinzipielles Akzeptanzproblem, weil diesen Leuten beanspruchen können, die keine finanziellen Probleme haben. Man findet seit einigen Jahren nur Vergünstigungen für städtische Angebote, über welche die AG Kultur- und Sozialpass noch befinden konnte, da die Bürgerschaft letztendlich diese beschließen kann. Was hindert die Bürgerschaft eine Regelung zu beschließen, dass im Kultur- und Sozialpass ähnlich den Begleitpersonen bei körperlich behinderten Leuten ein Vermerk auf wahre Bedürftigkeit erscheint, so dass man an der Theaterkasse die Würde behält. Das Theater Vorpommern möchte finanziell bedürftigen Menschen einen Theaterbesuch ermöglichen, es ist mit der derzeitigen Regelung nicht wirklich glücklich. Nur weil nicht wirklich bedürftige Leute einen Anspruch auf den Kultur- und Sozialpass haben, müssen sich wirklich bedürftige Leute jedes Mal an der Theaterkasse als arm outen. Geschmackloser geht Greifswalder Kulturpolitik wahrlich nicht …