Nach Abstimmung über Greifswalder Masterplan: SPD und Grüne fordern Rücktritt von CDU-Frau titelte die Ostsee-Zeitung vor ein paar Tagen, nachdem die CDU-Abgeordnete Carola Rex, welche über ihre Immobilienfirma CR Haus GmbH über ein Grundstück in der Steinbeckervorstadt verfügt, über den Masterplan Steinbeckervorstadt abgestimmt hat. Für die SPD und die Grünen soll dieses Abstimmungsverhalten rechtliche Konsequenzen haben, glaubt man dem Artikel, fordern die beiden Fraktionen den Rücktritt von Carola Rex, während ihre Fraktion in Person des Vorsitzenden Axel Hochschild ihr den Rücken stärkt und auf die kurze Mitgliedschaft in der Bürgerschaft und die daraus resultierende Unwissenheit verweist. Davon will laut Wortlaut des Artikels der Fraktionsvorsitzende der SPD Dr. Andreas Kerath nichts wissen, indem er mit Jedes Bürgerschaftsmitglied muss wissen, was es darf oder nicht darf. von Martina Rathke zitiert wird.
Da jedes Bürgerschaftsmitglied bei der Vereidigung eine Kommunalverfassung bekommt, die bei der ersten Sitzung auf dem Tisch liegt, könnte man ihm darin hundertprozentig zustimmen, denn da man auf die Kommunalverfassung vereidigt wird, ist eine nicht erfolgte Lektüre dieses Gesetzestextes keine ernstzunehmende Ausrede mehr. Nur leider betrifft dieses Verhalten beziehungsweise Nichtverhalten nicht nur Carola Rex, denn wenn man wie seine Fraktion selber ein faules Ei im Nest liegen hat, sollte man nicht ganz so sehr mit dem Zeigefinger auf andere Fraktionen zeigen, denn dann wird es zu Recht peinlich. Zuerst aber ein kleiner Einblick in die Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, welche diesen Politskandal erst möglich machte.
§ 24 KV M-V – Mitwirkungsverbote
(1) Die Mitglieder der Gemeindevertretung dürfen weder beratend noch entscheidend mitwirken oder sonst tätig werden,1. wenn die Entscheidung ihnen selbst oder ihren Angehörigen im Sinne von § 20 Absatz 5 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann,
2. wenn sie zu dem Beratungsgegenstand in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben haben,
3. wenn sie eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung vertreten, der die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann oder
4. wenn sie Bedienstete einer Aufsichtsbehörde sind und der Beratungsgegenstand einen unmittelbaren Bezug zu ihrem dienstlichen Aufgabenbereich besitzt.
(2) Die Mitwirkungsverbote des Absatzes 1 gelten nicht,
1. wenn der Vorteil oder der Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden,
2. bei Wahlen sowie bei Abberufungen und
3. wenn die Vertretung der natürlichen oder juristischen Person oder Vereinigung auf Vorschlag der Gemeinde ausgeübt wird.
(3) Wer annehmen muss, nach Absatz 1 von der Mitwirkung ausgeschlossen zu sein, hat den Ausschließungsgrund unaufgefordert der oder dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung anzuzeigen und den Sitzungsraum zu verlassen; bei einer öffentlichen Sitzung kann sie oder er sich in dem für die Öffentlichkeit bestimmten Teil des Sitzungsraumes aufhalten. Ob ein Ausschließungsgrund vorliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die Gemeindevertretung in nichtöffentlicher Sitzung unter Ausschluss der betroffenen Person nach deren Anhörung.
(4) Eine Entscheidung, die unter Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot zu Stande kommt oder bei der ein Mitglied der Gemeindevertretung ungerechtfertigt ausgeschlossen wird, ist unwirksam. Ein ungerechtfertigter Ausschluss eines Mitglieds der Gemeindevertretung ist von Anfang an unbeachtlich, wenn dieses der Entscheidung nachträglich zustimmt.
(5) Ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot oder ein ungerechtfertigter Ausschluss eines Mitglieds der Gemeindevertretung kann nach Ablauf eines Jahres nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn, dass der Verstoß oder der ungerechtfertigte Ausschluss innerhalb dieser Frist schriftlich unter Bezeichnung der Tatsache, aus der sich der Verstoß oder der ungerechtfertigte Ausschluss ergibt, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wird. Die Jahresfrist beginnt am Tag nach der Beschlussfassung oder, sofern eine öffentliche Bekanntmachung erforderlich ist, am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung.
Wenn nach Ansicht von Dr. Andreas Kerath Bürgerschaftsneulinge wie Carola Rex wissen müssen, was sie dürfen oder nicht dürfen, dann sollte man das auch von denjenigen verlangen, die schon länger einen Sitz in der Bürgerschaft haben, dass sie das wissen. Ausreden gibt es daher nicht, wenn von Carola Rex zurücktreten soll, muss das erst recht von diejenigen Bürgerschaftsmitglieder gefordert werden, welche vor dem Vorfall sich rechtswidrig verhalten haben, denn ansonsten würde man die eigene Glaubwürdigkeit verlieren. Stickwort: Doppelmoral.
Um ein schönes Beispiel dafür zu finden, muss man einen Blick in die Ortsteilvertretung Schönwalde I/Südstadt werfen, in der die Gelder des Ortsteilbudgets nach Gutsherrenmanier verteilt werden. Interessanterweise werden alle und zwar wirklich alle Anträge des in den letzten Wochen durch Rassismus-Thematik medial bekannt gewordenen FC Al Karama-Greifswald e.V. bewilligt, während der FSV Blau-Weiß Greifswald e.V. irgendwie in die Röhre schaut: verwiesen, verschoben … ihren vorletzten Antrag begründeten sie übrigens unter anderen so:
Viele Kinder und deren Familien wohnen in dem Ortsteil Schönwalde 1 / Südstadt, Migrationshintergund Durch den hohen Anteil an Kindern aus sozial schlechter gestellten Familien und/oder Familien mit konzentriert sich unsere Arbeit nicht ausschliesslich auf die sportlichen Ziele sondern zu einem hohen Anteil auf die sozialen Aspekte der Integration und des sozialen Umgangs miteinander.
Ein Sportverein, der seine Arbeit nicht nur im Stadtteil, sondern auch für die Kindern aus dem Stadtteil macht, wird ständig übergangen, und wahrscheinlich nur mit der lächerlichen Begründung, dass der Briefkasten nicht im Ortsteil steht. Anträge anderer Antragsteller wurden jedenfalls durch die Mitglieder dieser Ortsteilvertretung mit Hilfe dieser Argumentation abgelehnt. Die Handhabung des Ortsteilbudgets ist in diesem kein neues Problem, schon am 1. November 2017 schrieb der Autor, damals noch stellvertretendes Mitglied der Ortsteilvertretung an die Mitglieder folgende Mail mit mehreren Kritikpunkten. Die berechtigte Kritik blieb damals eine Minderheitsmeinung.
Moin,
wenn die Anträge eingereicht werden, müssen diese ein paar Kriterien erfüllen, damit sie von der Stadtverwaltung überhaupt bearbeitet werden können. Zum einen sind das die eingereichten Rechnungen, für die es noch nicht einmal grobe Kostenvoranschläge bei den Anträgen gibt. Grob gesagt: wieviel Stück für wieviel Geld und keine Pauschalen. Laut dem Formular für den Bürgerhaushalt muss das überschüssige Geld zurücküberwiesen werden.
Geschlossene Weihnachtsfeiern sind für mich zum einen keine Stadtteilfeste im Sinne des Bürgerhaushaltes und auch keine Sportförderung. Ich würde daher vorschlagen, den Antrag der HSG umformulieren zu lassen, darin eine Angabe über die Anzahl der Kinder aus unserem Ortsteil zu machen und eine Förderung der Trainingsshirts für sie zu beantragen, die sie im Rahmen einer Weihnachtsfeier übergeben wollen. Damit dürfte der beantragte Betrag in etwa mit den voraussichtlichen Kosten übereinstimmen und wir haben einen sauberen Antrag zum Einreichen.
Bei dem anderen Antrag fehlt mir eine juristische Person als Empfänger, ich vermisse beispielsweise so etwas wie „e.V.“ oder „e.V.i.G.“ im Namen, eine entsprechende postalische Anschrift, eine genaue Auflistung der beantragten Dinge, und und und … (die Weltmeisterschaftsfußbälle 2018 von Addidas gibt es übrigens schon für etwa 20 Euro das Stück)
Ansonsten sollte sich die OTV einmal Gedanken machen, wie sie im nächsten Jahr agieren will. Bei der derzeitigen Antragsmenge wäre unser Topf nämlich schon vor Ostern leer. Einige Anträge der letzten Sitzung hätte ich übrigens nicht genehmigt, da sie dem Sinn des Bürgerhaushaltes widersprechen. Zum Beispiel so etwas wie ein internes Quartalsbudget, wo man aus den gestellten Anträgen diejenigen auswählt, die am ehesten das Leben im Stadtteil verbessern.
Bei dem im dritten Absatz erwähnten Antrag handelte es sich übrigens um den später gegründeten FC-Al Karama Greifswald e.V., ein Antrag der rein formaljuristisch hätte gar nicht bewilligt und ausbezahlt werden dürfen. Die folgenden Anträge als richtiger Verein übrigens auch nicht, denn nun kommt die Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern ins Spiel. Die besagten Anträge wurden durch Mohamad AlKhalif eingereicht, der laut Angaben des Sportvereins dessen 2. Vorsitzender ist. Wo es einen 2. Vorsitzenden gibt, gibt es logisch auch einen 1. Vorsitzenden. Dieser ist Dr. Andreas Kerath gutbekannt, denn er ist ein Mitglied seiner eigenen Bürgerschaftsfraktion. Bei diesem handelt es sich übrigens um Ibrahim Al Najjar, der für gewöhnlich als Integrationsbeauftragter der Landkreises Vorpommern-Greifswald in die Öffentlichkeit tritt.
Seine Funktion als Vorsitzender des Vereins fällt dabei gerne unter den Tisch. Ein Verein der in der Ortsteilvertretung Anträge stellt, in der er nicht nur einfaches Mitglied, sondern deren Vorsitzender ist, in der er für die Anträge des Vereins spricht und die Anträge natürlich bewilligt. November 2017! Da die Angabe in den der Ortsteilvertretung vorliegenden Anträgen fehlte, kann man den übrigen Mitgliedern keinen Vorwurf machen. Dem Vorsitzenden schon, dessen Fraktion eigentlich seinen Rücktritt fordern müsste, wollte sie glaubhaft bleiben. Um nochmal Dr. Andreas Kerath zu zitieren: Jedes Bürgerschaftsmitglied muss wissen, was es darf oder nicht darf.
Belege
Protokoll einer Sitzung im Ratsinformationssystem. (Es haben immer 5 Leute abgestimmt)