Allzu kurz ist der Weg für Marina Kosterina zu ihrem Auftritt in Greifswald nicht, denn schließlich ist sie seit ein paar Jahren Solistin der Philharmonie Omsk. Allein bis zum Kreml in Moskau sind es über zweitausendsiebenhundert Kilometer, und von dort bis nach Greifswald kommen noch einmal gut zweitausend Kilometer hinzu. Russland ist groß, der Zar ist weit, lautet eine bekannte Redensart, heute muss man nur das Wort Zar mit Putin austauschen. Dafür, dass Omsk einst ein verhasster Verbannungsort für viele Verurteilte war, Fjodor Michailowitsch Dostojewski zählt übrigens zu den bekanntesten Persönlichkeiten, hat sich die Stadt kulturell gesehen positiv entwickelt. Die Philharmonie Omsk hat international gesehen einen guten Ruf, und auch ihre Pianistin Marina Kosterina konnte in ihrer Karriere schon zahlreiche renommierte Musikpreise gewinnen. Umso erstaunlicher ist, dass für ihr etwa anderthalbstündiges Konzert mit Werken von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow und Alexander Nikolajewitsch Skrjabin, welches am 21. Januar in der Aula der Universität stattfinden wird, überhaupt kein Eintritt verlangt wird.
Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal des Konzertes, denn bis auf eine Ausnahme kann man für alle Veranstaltungen der russischen Kulturtage das Portemonnaie in der Tasche lassen. So auch beim Abschlusskonzert, der unter dem Motto Der Abend der russischen Romanzen steht und von der Pianistin Ekaterina Fedorina und der Sängerin Ljudmila Platt gestaltet wird. Erstere ist übrigens auch die künstlerische Leiterin des Vokalensembles Choryllisch der Greifswalder Universität, ein Chor der seit dem Jahre 2009 der slawischen Volksmusik in Greifswald eine Heimat gibt. Zusammen mit der Theatergruppe der Slawistik ist dieser am 17. Januar zu erleben. Zu sehen sein wird das Theaterstück Zwanzig Minuten mit einem Engel des Dramatikers Alexander Wampilow, welches er in den 60er Jahren verfallt hatte. Und wie könnte es anders sein, es geht in dem Stück um Wodka, besser gesagt, einen auf Grund des vorherrschenden Geldmangels beider Protagonisten gerade unmöglichen Konsums dessen. Die Aufführung wird in russischer Sprache werden, mit Hilfe der deutschsprachigen Moderation dürfte zumindest die Aussage des Stückes verständlicher sein.
Nicht ganz so exotisch sind die Überbleibsel der Roten Armee, die man auch ein Vierteljahrhundert nach deren Abzug aus dem Gebiet der einstigen DDR auch noch in Mecklenburg-Vorpommern finden kann. Hier und im benachbarten Brandenburg suchte Dr. Ute Marggraff zusammen mit Studenten der Slawistik diese Stätten auf, um diese auf Fotografien festzuhalten. Die daraus entstandene Ausstellung Zwischen Exerzierplatz und Sehnsucht nach der Heimat – Spuren der sowjetischen Truppen 25 Jahre nach dem Abzug wird noch bis zum 25. Januar im Koeppenhaus zu sehen sein. Während diese Motive hauptsächlich Propaganda darstellen, ist das künstlerische Schaffen von Vitaly Komar und Aleksandr Melamid prägend für die sowjetische Kunst gewesen. Im Stil der westlichen Pop Art entstand mit Motiven der sozialistischen Bildsprache die sogenannte Soz Art, deren wichtigster Vertreter Vitaly Komar ist, der übrigens aus New York anreisen wird, wo er seit vielen Jahren beheimatet ist. Vervollständigt wird das Programm der diesjährigen Russischen Kulturtage mit einer Lesung mit Yevgenia Belorusets, welche ihr neuestes Buch mit dem Titel Glückliche Fälle vorstellen wird, und einem Vortrag über das Russische von Harry Walter.
Programm
bis 25. Januar 2020 | |
Dienstag bis Samstag 14:00 – 18:00 Uhr Koeppenhaus |
Zwischen Exerzierplatz und Sehnsucht nach der Heimat – Spuren der sowjetischen Truppen 25 Jahre nach dem Abzug Fotoausstellung mit Ute Marggraff & mehr Eintritt frei |
Donnerstag | 16. Januar 2020 |
19:30 Uhr Koeppenhaus |
Von der Pop-Art zur Soz-Art und zurück? Vitaly Komars künstlerische Migrationen Vortrag und Gespräch mit Vitaly Komar Moderation Ute Marggraff und Roman Dubasevych Eintritt frei |
Freitag | 17. Januar 2020 |
19:00 Uhr Campus Loefflerstraße Raum 2.14 |
Zwanzig Minuten mit einem Engel Theaterstück nach A. Wampilow Koljadki Vokalensemble Choryllisch Eintritt frei |
Montag | 20. Januar 2020 |
16:30 Uhr Campus Loefflerstraße Raum 2.05 |
Russisch + Russisches in Greifswald, Mecklenburg-Vorpommern und der Welt Vortrag von Harry Walter Eintritt frei |
Dienstag | 21. Januar 2020 |
19:00 Uhr Aula der Universität |
Ein zauberhaftesaus Russland – Russische Romantiker des Klaviers Werke von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow und Alexander Nikolajewitsch Skrjabin Klavierkonzert mit Marina Kosterina (Omsk) Eintritt frei |
Donnerstag | 23. Januar 2020 |
20:00 Uhr Koeppenhaus |
Glückliche Fälle Autorenlesung mit Yevgenia Belorusets und der Übersetzerin Claudia Dathe Eintritt 5 & 3 Euro |
Freitag | 24. Januar 2020 |
19:00 Uhr Int. Begegnungszentrum Felix Hausdorff |
Der Abend der russischen Romanzen Ljudmila Platt (Gesang) und Ekaterina Fedorina (Klavier) Eintritt frei |