Stralsund Museum Stralsund – Totenkronen

Stralsund Museum Stralsund
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Eine in Vergessenheit geratene Tradition sind die Totenkronen, welche in früheren Jahrhunderten als Grabbeigabe bei Beerdigungen von Kindern und unverheirateten Leuten, welche jung verstorben waren, mit in den Sarg gelegt oder in den Räumlichkeiten der Kirchen ausgestellt wurden. Mit den Totenkronen wollte man die jungfräulich Verstorbenen mit dem symbolischen Akt einer sogenannten Himmelshochzeit ehren, welche als eine Art Ersatz für eine zu Lebzeiten nicht erfolgte Hochzeit dienen sollte. In vergangen Jahrhunderten war die Ehe das Ideal der streng christlich geprägten Gesellschaft, die sich zwar eine große Nachkommenschaft wünschte, diese aber nur aus moralisch einwandfreien Familien stammen sollten. Kinder von unverheirateten Frauen waren daher nicht erwünscht und wurden auch gesellschaftlich geächtet. Die Jungfräulichkeit, welche sich die jung verstorbenen erhalten konnten, war in gewisser Weise war kein Makel. In den Augen der damaligen Gesellschaft galt aber das kurze Leben der Verstorbenen als noch nicht wirklich gelebt, denn eine Hochzeit, welche als Höhepunkt des Lebensweges galt, konnten die Toten nicht mehr erleben.

Hochzeiten waren auch schon zu dieser Zeit nicht billig, dementsprechend aufwendig wurden auch die Totenkronen gestaltet, die den Verstorbenen gewidmet wurden. Je höher die gesellschaftliche Schicht war, der die Verstorbenen angehörten, um so teurere Materialien wurden für die Totenkronen verwendet. Da die in den Kirchenräumen ausgestellten Exemplare auch eine Art Darstellung von Reichtum der jeweiligen Angehörigen darstellte, entwickelte sich die Anfertigung der Totenkronen zu einer sehr teuren Angelegenheit für die Hinterbliebenen. Eine Lösung dieses finanziellen Problems waren zum Ende der Tradition hin die von den Kirchen bereitgestellten Leihkronen, welche die Angehörigen für die Beerdigungszeremonie mieten konnten. Die Tradition der Totenkronen war auch in Mecklenburg-Vorpommern weit verbreitet. Wie auch in anderen Regionen Deutschlands begann man hier ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die schmückenden Totenkronen aus den Räumen der Kirchen zu verbannen, was letztendlich auch die Tradition der Himmelshochzeiten in Vergessenheit gerieten ließ.

Dass man die Geschichte der Totenkronen heute wieder erzählen kann liegt an der Arbeit von Dr. phil. Sylvia Müller, einer ein Berlin wohnenden Kunsthistorikerin, welche sich mit dieser Thematik ausgiebig auseinandergesetzt und eine Wanderausstellung konzipiert hat, welche den Besuchern dieses fast vergessene Beerdigungsritual vorstellen soll. Ein Dachbodenfund in der Dorfkirche von Berlin-Kaulsdorf, bei dem sie einige Totenkronen entdeckte, weckte ihr Interesse an der Geschichte dieses Totenrituals. Neben der Wanderausstellung, die zuvor im Neuen Museum in Berlin zu sehen war, entstand mit Denkmäler der Liebe – Zeugnisse des Totenkronenbrauchs in der Mark Brandenburg auch ein kleines Buch, das sich mit dieser Thematik beschäftigt.

Die Ausstellung selbst besteht aus derzeitig siebzehn Schautafeln, welche sich mit der Verbreitung der Totenkronen beschäftigen und eine Auswahl der schönsten Exemplare der verschiedenen Regionen zeigen. Ergänzt wird diese Präsentation durch zahlreiche Leihgaben und den Bestand des Kulturhistorischen Museums von Stralsund, in dessen Depot sich nach eigenen Angaben drei Exemplare befinden. Die Ausstellungseröffnung Totenkronen – Denkmäler der Liebe wird am Freitag den 16. März um 18:00 Uhr im Museumsspeicher Stralsund stattfinden. Die Ausstellung selbst wird dann in der Zeit vom 17. März zum 24. Juni zu sehen sein. Ab dem 30. März lohnt sich dann ein Kombinationsticket zu kaufen, denn an diesem Tag wird die Sonderausstellung Ansichten – Neuerwerbungen seit 1990 im Katharinenkloster eröffnet, in welcher den Museumsbesuchern die in den letzten zwei Jahrzehnten vom Kulturhistorischen Museum Stralsund erworbenen Ausstellungsstücke präsentiert werden. Die Eröffnung dieser Ausstellung wird übrigens am 30. März um 18:00 Uhr stattfinden.

Termin
17. März bis 24. Juni 2012
Museumsspeicher Stralsund