So nah und doch so fern. Nur etwa hundertdreißig Kilometer trennen die Hansestadt Greifswald und ihre an der Oder gelegene Partnerstadt Stettin voneinander, doch für viele Greifswalder ist die polnische Metropole immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Was eigentlich unverständlich ist, denn schließlich kommt man in etwa zwei Stunden Fahrzeit und mit dem Mecklenburg-Vorpommern-Ticket sogar recht preiswert dorthin. Zu denjenigen Leuten, für die Stettin / Szczecin ein unbekannter Ort ist, gehörten zumindest bis zum Juni des letzten Jahres noch Einige, die am Caspar-David-Friedrich-Institut Bildende Kunst studieren. Zusammen mit ihrer Dozentin Daniela Risch machten sie sich auf den Weg, um jeder für sich die noch unbekannte Stadt zu Fuß zu entdecken und die gewonnenen Eindrücke in Fotografien festzuhalten.
Bei einer sechzehnköpfigen Reisegruppe entstehen entsprechend viele verschiedene Wahrnehmungen der Stadt, die für sich gesehen nur ein kleines Fragment bilden, im Rahmen einer Ausstellung gruppiert aber einen gemeinsamen Eindruck vermitteln. Unter dem Motto Take me to the place eröffnete am Samstagnachmittag eine weitere Ausstellung, die an mehreren Standorten präsentiert wird. Seit dem großen Publikumserfolg der Ausstellung Hiroyuki Masuyama – Zeitenwanderer mit Werken japanischen Fotokünstlers mit Motiven Caspar David Friedrichs, die seinerzeit an sogar vier Standorten präsentiert wurde, gab es inzwischen schon mehrere solcher Ausstellungen in Greifswald. Mit Take me to the place realisierte das Pommersche Landesmuseum zusammen mit dem Caspar-David-Friedrich-Zentrum das vom Greifswalder Publikum gut angenommene Format der Zusammenarbeit mit einer neue Ausstellung, die zum einen das Thema Pommern, zum anderen das Thema Caspar David Friedrich vereint.
Diese werden aber dennoch wieder getrennt, denn die Bildsprache der ausgestellten Fotografien fällt in beiden Ausstellungsorten spürbar anders aus. So findet man Caspar-David-Friedrich-Zentrum diejenigen Bilder, die mehr an die Bilder des großen Romantikers erinnern. Hierbei fällt besonders eine Fotografie von Uta Eckelt auf, bei der die Bildkomposition der durch einen Baum fotografierte Silhouette der modernen Fassade der Stettiner Philharmonie stark an die Kreidefelsen der Insel Rügen erinnert, welche Caspar David Friedrich in seinem Bild von den Wissower Klinken verewigte. Auffällig bei der von den Verantwortlichen der Ausstellung getroffenen Auswahl der Fotografien ist ein Mangel von Motiven aus der historischen Altstadt von Stettin. Das liebevoll rekonstruierte Schloss der Pommerschen Herzöge kommt nur auf einem Bild im Hintergrund vor, am Loitzenhaus kam zumindest jemand vorbei. Als touristische Werbung für Greifswalds Partnerstadt kann man Take me to the place nicht sehen, denn das war offensichtlich nicht das Ziel der Reise.
Es sind mehr die verschiedenen Formen der städtischen Raumordnung und die daraus resultierende Raumerfahrung, welche auf den Bildern festgehalten werden sollten. Dementsprechend haben es auch nicht ganz so schöne Seiten der Stadt geschafft, als Motive für die Kameras zu dienen. Diese findet man eher in den Räumlichkeiten des Pommerschen Landesmuseums, in denen der erste Teil der Ausstellung eröffnet wurde. Anschließend wurde der im Caspar-David-Friedrich-Zentrum befindliche Teil der Ausstellung mit einem Vortrag des Historikers Dr. Pawel Migdalski eingeleitet, der in diesem auch den Blick der heutigen Stettiner auf ihre Stadt und deren Geschichte thematisierte. Wer die Ausstellung mit den Bildern von Anna Schmitz, Annelie Werner, Caroline Barth, Daniela Risch, Gesche Witte, Hannah Rothe, Jacqueline Wehner, Jakob Sperrle, Jana Nedorost, Klara Fries, Laura Arden, Lilly Eikermann, Theresa Griebner, Ulrich Schneider und Uta Eckelt sehen möchte, hat noch bis zum 17. März die Gelegenheit dazu. Dann kommen Die Dänen!