Theater Vorpommern – Oleanna

Theater Greifswald
Theater Greifswald

Als der Vorhang fiel hatte es David Mamet geschafft, sein neuestes Stück Oleanna war ein Skandal! Sein Publikum spaltete sich in zwei Hälften. Entweder war man von seinem Bühnenstück begeistert oder empörte sich darüber. In zwischen ist das Stück über zwanzig Jahre alt, hat aber von seiner Aktualität nichts verloren, denn Sprache ist in gewisser ein Ausdruck der Macht, der von einigen Leute aber falsch interpretiert wird. Das Ergebnis der daraus resultierenden Annahmen ist die ist die Forderung nach der sogenannten politischen Korrektheit, durch welche abwertende oder rassistische Formulierungen vermieden werden soll. Hierbei störte sich David Mamet an dem Fehlglauben vieler Dogmatiker, durch die Umdeutung bestimmter Begrifflichkeiten, die Probleme verschwinden zu lassen. Für seine Sprachkritik lässt er die junge Studentin Carol (Susanne Kreckel) auf den erfolgreichen Professor John (Markus Voigt) treffen und einen Konflikt ausbrechen, der schon bald darauf eskalieren wird.

Die schüchterne Carol wirkt unbeholfen und dümmlich naiv auf den erfolgreichen Professor, bei dem sie ein Seminar belegt hat. Auf ihn wirkt ihre Hilfslosigkeit als Geschätzt, sein intellektueller Ton auf sie arrogant. Sie reden und reden, aber aneinander vorbei. Sie fängt an zu weinen, er legt tröstend seinen Arm um sie. Sie fasst dieses Verhalten als sexuelle Belästigung auf und denunziert ihren Professor wegen versuchter Vergewaltigung. Der Kampf um die Deutungshoheit hat begonnen, ein aussichtsloser Kampf für John, der eine andere Sprache als Carol spricht und zum Opfer der politischen Korrektheit wird. Die Sprache ist nicht mehr Mittel zur Kommunikation sondern eine Waffe. Boshaft illustriert David Mamet in seinem Stück die Vergewaltigung der Sprache, welche heutzutage keine Verbindlichkeit mehr aufweist.

Als Konfuzius einst gefragt wurde was er als Herrscher zuerst machen würde, meinte er:

Ich würde eine ehrenwerte Sprache benutzen. Ich würde die Dinge bei ihrem richtigen Namen nennen. Wenn wir die Dinge nicht bei ihrem konkreten Namen nennen, dann bedeuten Worte nichts mehr. Wenn Wörter nicht die Realität widerspiegeln, dann ist das, was wir sagen, nicht das was gemeint ist. Wenn aber das, was wir sagen, nicht das ist, was gemeint ist, können wir nicht klar denken und nichts kann erreicht werden. Nur wenn wir die Dinge bei ihrem richtigen Namen nennen, ist es möglich, wahrhaftig und ehrlich über die Dinge zu sprechen.

Und wahrhaftig und ehrlich können die Protagonisten des Stückes gar nicht sprechen, schließlich sprechen beide eine andere Sprache. Interessanterweise gibt es mit der Euphemismus-Tretmühle einen interessanten Effekt, der auftritt wenn man negativ besetzten Dingen einen anderen Namen gibt. Diese neuen Begrifflichkeiten sind nach einer gewissen Zeit genauso negativ besetzt, wie einst diejenigen Dinge, welche man umbenannte, sofern der eigentliche Grund der negativen Belegung immer noch existent ist. David Mamets Sprachkrieg wurde zwar schon vor zwanzig Jahren geführt, dürfte sprachlich schon etwas angestaubt sein, die eigentliche Problematik der unterschiedlichen Sprachdefinitionen existiert heutzutage immer noch. Für die Inszenierung am Theater Vorpommern wird Chefdramaturg Sascha Löschner zuständig sein und damit sein Regiedebüt am hiesigen Haus geben.

Ensemble
Markus Voigt – John
Susanne Kreckel – Carol
Sascha Löschner – Regie
Maria Kunze – Ausstattung
Franz Burkhard – Dramaturgie

Premieren
27. März 2014 – 20:00 Uhr Rubenowsaal Greifswald
30. April 2014 – 20:00 Uhr Gustav-Adolf-Saal Stralsund