Die Möglichkeit einer Rede ließ sich Alterspräsident Peter Multhauf nicht nehmen, bevor es zur Wahl des Bürgerschaftspräsidiums kam, und er seine kurz zuvor verliehene Macht als Versammlungsleiter wieder aus den Händen geben musste. Nach einer ausführlichen Begrüßung der alten und neuen Mitglieder der neugewählten Bürgerschaft, nutze er die Chance zahlreiche Probleme zu benennen und ließ dabei auch nicht die unbequeme Bestuhlung aus, auf welchen die interessierten Gäste während der Bürgerschaftssitzungen immer noch ausharren müssen. Nach einer guten halben Stunde Redezeit sollte dann der wichtigste Tagesordnungspunkt an die Reihe kommen. Die Fraktion der CDU nominierte den bisherigen Präsidenten der Bürgerschaft Egbert Liskow, die Fraktion Die Linke schickte ihre vor kurzem erst gewählte Fraktionsvorsitzende Birgit Socher ins Rennen. Mit 24 zu 19 Stimmen sollte Birgit Socher diese Wahl für sich entscheiden und einen enttäuschten Egbert Liskow hinter sich lassen. Dieses sollte aber nicht die letzte Abstimmungsniederlage sein, welche die CDU an diesem Abend einstecken musste, schließlich mussten noch die Stellvertreterposten vergeben werden.
Für den ersten Stellvertreter nominierte die Fraktion der SPD Prof. Dr. Wolfgang Joecks, der gegen den von der Fraktion der CDU aufgestellten Dr. Rainer Steffens antrat. Prof. Dr. Wolfgang Joecks sollte das Ergebnis von Birgit Socher noch überbieten, denn 25 der insgesamt 43 Bürgerschaftsmitglieder sollten für ihn votieren. Für den zweiten Stellvertreter wurde Dr. Rainer Steffens wieder aufgestellt, als jedoch Prof. Dr. Frank Hardke das Rednerpult betrat und seine Fraktionskollegin Dr. Antje Steveling nominierte, konnte man schon ahnen, dass es auch beim dritten Anlauf nicht klappen würde, ein Mitglied der CDU ins Präsidium zu wählen. Man könnte es als Prof. Hardkes späte Rache für seinen Rauswurf aus der CDU betrachten, dass Dr. Antje Steveling mit 24 Stimmen in das Bürgerschaftspräsidium gewählt wurde und seine einstige Partei zum dritten Mal leer ausging. Die Reaktion des sichtlich frustrierten Fraktionsvorsitzenden der CDU Axel Hochschild war entsprechend deutlich, der das Wahlverhalten kritisierte und vom neuen Präsidium verlangte, dann auch die Verantwortung für die Stadt übernehmen.
Da es sich um geheime Wahl handelte, kann man nur spekulieren, von welcher Seite die Stimmen gekommen sein könnten. Betrachtet man offensichtliche Sympathien und Antipathien in den jeweiligen Fraktionen ergibt sich mit einer relativ großen Wahrscheinlichkeit das folgende Bild: Auf der einen Seite CDU (11), Bürgerliste Greifswald(3), AfD (2) und FDP (2), auf der anderen Seite DIE LINKE (8), SPD (6), Bündnis 90/Die Grünen (5), Piratenpartei (2), Kompetenz für Vorpommern (3) und Alternative Liste (1). Übrigens musste bei der ersten Bürgerschaftssitzung nicht nur die CDU eine personelle Niederlage einstecken, auch der Posten des 2. Beigeordneten des Oberbürgermeisters, der derzeitig noch von Ulf Dembski ausgeübt wird, wurde mit 29 Stimmen aus der Hauptsatzung der Universitäts- und Hansestadt Greifswald gestrichen.