Wer sich über die aktuellen Entscheidungen der Greifswalder Kommunalpolitik in unverfälschter Form informieren möchte, kann sich in den Bürgerschaftssitzungen in die Besucherreihen setzen und dem mehr oder weniger langweiligen Geschehen folgen. Hierbei muss man aber in Kauf nehmen, nicht nur stundenlang auf den recht unbequem Besucherstühlen Platz nehmen zu müssen, sondern auch fast ebenso lange zu warten, bis der interessantere Teil der Tagesordnung endlich an der Reihe ist. Die Anzahl an interessierten Gästen bei solchen Sitzungen ist bis auf wenige Ausnahmen als überschaubar zu bezeichnen, so dass man sich eigentlich zu den besser informierten Kreisen der Bevölkerung zählen kann, wenn man eine solche Sitzung hinter sich gebracht hat. Für die am 28. Januar stattfindende Bürgerschaftssitzung kann man dieses offensichtlich nicht behaupten, denn die im öffentlichen Teil verbreiteten Informationen des Oberbürgermeisters fielen relativ belanglos aus.
Der Grund dafür ist im nichtöffentlichen Teil der Sitzung zu finden, in dem die Mitgliedern der Bürgerschaft über die vom Landkreis Vorpommern-Greifswald geplante Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in der Brandteichstraße informiert wurden und gleichzeitig einen Maulkorb verpasst bekommen haben. Da man solche Dinge nicht lange im Geheimen realisieren kann, sorgte der Buschfunk dafür, dass das nur allzu gern verheimlichte Bauprojekt in das Blickfeld der Öffentlichkeit gelangte, welche sich von dem dreisten Verheimlichungsmanöver nicht allzu begeistert zeigte. Nach und nach kamen so die Details der zwischen der Stadt und dem Landkreis getroffenen Vereinbarung ans Tageslicht, die als ehrlicherweise als Aushebelung der Entscheidungsgewalt der Greifswalder Bürgerschaft bezeichnen kann, denn die Mitglieder des kommunalen Parlamentes wurden in dieser Angelegenheit vor vollendete Tatsachen gestellt und so um ihre demokratischen Mitwirkungsrechte gebracht.
Dies betraf übrigens nicht nur die Mitglieder der Bürgerschaft, sondern auch die Mitglieder der Ortsteilvertretung Innenstadt, in dessen Zuständigkeitsbereich das zukünftige Asylbewerberheim fällt. Als Ortsteilvertretung hat man zwar nur eine beratende Funktion inne, die in den Sitzungen getätigten Abstimmungen dienen eher als Meinungsbild, nach der geltenden Geschäftsordnung müssen aber die betroffenen Ortsteilvertretungen angehört werden. Im Übrigen war das Asylbewerberheim nicht der einzige Fall einer Verhinderung einer Mitwirkung der Bevölkerung in der letzten Zeit, denn auch schon bei der Übertragung der kommunalen Spielplätzen an die WVG kam diese Angelegenheit nur bei den Information der Stadtverwaltung auf die Tagesordnung. Für die Ortsteilvertretung von Schönwalde I/Südstadt waren die Spielplätze wenigstens eine Information der Stadtverwaltung wert, für die Ortsteilvertretung Innenstadt gab es bei der letzten Sitzung nicht einmal das.
So zeigten sich die darin engagierten sachkundigen Bürger offensichtlich enttäuscht von der verheimlichenden Informationspolitik der Stadtverwaltung, die alles andere als Akzeptanz in der Bevölkerung schafft. Da die Bauarbeiten im sanierungsbedürftigen Haus schon angefangen haben, fällt der für den 17. Februar angekündigte Termin für eine Anwohnerversammlung alles andere als zeitnah aus, denn schon im April sollen die ersten Zimmer bezugsfertig sein. Das Wort Anwohnerversammlung nahmen die für die Einladung zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung durchaus wörtlich, denn auch bei aus mehreren Personen bestehendem Haushalte bekam nur der Herr des Hauses eine Einladung. Die Inkompetenz wird nur noch durch den auf den Einladungen aufgedruckten Hinweis getoppt, dass man die Einladungen zur Versammlung dabei haben muss.
Wer glaubt, dass mit Anwohner auch wirklich alle Bewohner in der Nähe zukünftige Asylbewerberheim gelegenen Wohngebietes gemeint sind, irrt gewaltig, denn offensichtlich hört das zu informierende Wohngebiet an der Herderstraße auf, denn die westlich von ihr wohnenden Bürger sollen schon keine Einladungen mehr erhalten haben. Dass diese Art von Informationspolitik auch bei den übergangenen Stadtvertretern sauer aufgestoßen ist, merkt man an der empörten Reaktion einiger Bürgerschaftsmitglieder, die offensichtlich ein weiteres Mal übergangen worden sind. Nach Aussagen des CDU-Fraktionsvorsitzende Axel Hochschild, der auch Mitglied in der zuständigen Ortsteilvertretung ist, bekamen bisher auch die Mitglieder der Ortsteilvertretung keine Einladung zu dieser Versammlung. Inzwischen kanalisiert sich in mehreren Fraktionen der Unmut in der Bevölkerung nach einer Forderung für allgemein zugängliche Informationen.
Ob es nun eine von der CDU beantragte Dringlichkeitssitzung wird, oder eine von der SPD angeregte Informationsveranstaltung, wird sich kurzfristig entscheiden, zumindest sollen diese Veranstaltungen aufgrund des großen öffentlichen Interesses in der Stadthalle stattfinden. Für einen Oberbürgermeister der in seinem Wahlkampfflyer Sätze wie „Die Verwaltung darf Bürger, die sich einmischen, nicht als Last empfinden, sondern muss sie als Bereicherung sehen.“ verbreitete, bildet die unangemessene Heimlichtuerei einen Tiefpunkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung, der in weiten Teilen der Greifswalder Bevölkerung das Vertrauen in die hiesige Kommunalpolitik empfindlich beschädigt haben dürfte. Um das verlorene Vertrauen in der Bevölkerung wiederzuerlangen benötigt man jetzt eigentlich nur eine Sache, an der es in den letzten Tagen extrem mangelte: Transparenz…