Lang genug hat es ja gedauert, einen Bürgerhaushalt in Greifswald zu realisieren, denn der dazugehörige Bürgerschaftsbeschluss wurde bekanntlich schon am 7. Juni 2015 gefasst. Die letzte Verzögerung lag an der notwendigen Genehmigung des Doppelhaushaltes durch das Innenministerium, für dessen Aufstellung die Kämmerei mehr Zeit benötigte, als es der Kommunalpolitik lieb war. Mit der Richtlinie zum Budget der Ortsteilvertretungen (0W) in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald (UHGW), die am 1. September 2017 in Kraft trat, haben die insgesamt acht Ortsteilvertretungen nun auch eine rechtliche Grundlage in der Hand, die Gelder aus ihrem Budget den verschiedensten Projekten zukommen zulassen, um so die Qualität des Lebens im jeweiligen Stadtteil zu verbessern. Nach dem derzeitigen Verteilungsschlüssel sind die größeren Ortsteile aber immer noch benachteiligt, da der reale Pro-Kopf-Betrag durch den hohen Sockelbetrag im Vergleich der Ortsteile sehr unausgeglichen ist. Die Richtlinie ermöglicht den Ortsteilvertretungen das Geld für die verschiedensten Verwendungszwecke zu bewilligen, unter anderem:
1. die ergänzende Ausstattung und Benutzung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Einrichtungen,
2. die Förderung von Vereinen, Verbänden und sonstigen Vereinigungen in dem Ortsteil,
3. die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege, des Brauchtums in dem Ortsteil und sonstigen Ortsteilfesten,
4. die Pflege vorhandener Patenschaften und Partnerschaften,
5. die Information, Dokumentation und Präsentation in Ortsteilangelegenheiten.
Während sich die meisten Ortsteilvertretungen offensichtlich nur mit der Richtlinie und deren Inhalt beschäftigen, waren es nur zwei Ortsteilvertretungen, welche von ihren neuen Gestaltungsmöglichkeiten überhaupt Gebrauch machten. Die ersten Gelder wurden am 6. September im Quartiersbüro von Schönwalde II bewilligt, wo die zuständige Ortsteilvertretung tagte. Es waren insgesamt vier Anträge über die entschieden werden mussten, welche aber alle das Wohlwollen der Mitglieder fanden. Zum einen kann sich die Kinder der Kindertagesstätte Samuil Marschak über 1500 Euro für ein neues Spielgerät freuen, während sich der Kinderchor der Kindertagesstätte Makarenko mit den bewilligten 1000 Euro eine Musikanlage kaufen kann. Mit weiteren 500 Euro aus dem Topf sollen den Kindern der dortigen Kindertagesstätten Fahrten in den Tierpark oder Theaterbesuche ermöglicht werden. Und auch das Mehrgenerationenhaus kann sich über die Bewilligung von 800 Euro freuen.
Einen Tag später war es die Ortsteilvertretung von Schönwalde I / Südstadt, die aber weniger Geld unter die Leute brachte, denn bei ihrer Sitzung im Jugendfreizeitzentrum Takt musste nur über zwei Anträge entschieden werden. Zum einen waren es die Greifswalder Bücherfreunde, welche aus ihren angestammten Räumlichkeiten ausziehen mussten und den Umzug in ein neues Domizil stemmen mussten. Dank tatkräftiger Unterstützung und einigen Spenden beliefen sich die entstandenen Umzugskosten auf etwa 2800 Euro, die sich nun dank einer Zuwendung aus dem Bürgerhaushalt um weitere 500 Euro verringert haben. Am 8. Oktober werden die Räumlichkeiten der neuen Bibliothek offiziell eröffnet. Diese befinden sich in der Spiegelsdorfer Wende 1, sind also nur ein paar Häuser vom alten Standort entfernt. Zwei Tage später soll die Grundsteinlegung des neuen Gebäudes der Erwin-Fischer-Schule stattfinden, welche der Förderverein der Schule sicherstellen möchte. Über 18 Millionen kostet der Bau, für eine feierliche Grundsteinlegung zeigt die Stadtverwaltung bisher aber kein Interesse. Sollte sich der Sachverhalt bis dahin nicht ändern, kann die Grundsteinlegung dank des Bürgerhaushaltes trotzdem realisiert werden.