Eigentlich soll die geplante Bebauung der Stralsunder Straße 47 erst am 17. August Thema im Bauausschuss der Greifswalder Bürgerschaft sein, die Eigentümerin des Gebäudes, der Greifswalder Braun & Fehlhaber GBR, versucht aber jetzt schon Fakten zu schaffen. Dabei haben es aber offenbar nicht so sehr mit der Öffentlichkeit, denn mittels Bauzäune an denen Planen befestigt sind, soll der Blick auf das Grundstück verhindert werden, auf dem sich schon der Abrissbagger befindet. Nur wenige Wochen zuvor beschloss die Greifswalder Bürgerschaft den Masterplan Steinbeckervorstadt, der unter anderem eine Bebauung vorsieht, die eine Wiedervernässung des Moores nicht im Wege steht. Der von den Eigentümern gestellte Bauantrag hat nach Ansicht der Bürgerinitiative Steinbeckervorstadt mit dem Beschluss aber nicht viel zu tun, sind es doch allzu viele Details, welche dagegensprechen.

Zum einen wäre das Gebäude mit 18,85 Metern Höhe deutlich höher als die Häuser in der näheren Umgebung, selbst das ehemalige Gesundheitsamt wäre 4 Meter niedriger, zum anderen würde es sich baulich nicht in das Ortsbild der Stralsunder einfügen, diesen nach Ansicht der Bürgerinitiative sogar dominieren. Das geplante Gebäude soll nicht nur über achtundvierzig Wohnungen und sechs Geschäfte verfügen, auch eine Tiefgarage ist vorgesehen. Durch diese würde nicht nur eine Wiedervernässung des Moores verhindert, sondern auch die Bausubstanz des benachbarten Gebäudes beeinträchtigt werden, da die Tiefgarage bis an die Grundstücksgrenze geplant ist. Interessanterweise befand sich auf dem betroffenen Grundstück der mittelalterliche Pestfriedhof der Stadt, denn zu dieser Zeit wurde das Hospital St. Spiritus vor die Tore der Stadt verlegt.

Dadurch würde das Grundstück, welches dadurch ein Bodendenkmal ist, durch den Bau einer Tiefgarage vollständig zerstört werden. Für das Vorderhaus, welches zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz stand, Liegt beim Landesamt für Kultur und Denkmalpflege ein Antrag auf Denkmalschutz vor, welcher nach Aussage der Bürgerinitiative bislang aber noch nicht beschieden wurde. Offenbar haben die Eigentümer die Befürchtung, dass dieser Bescheid bald vorliegen würde, denn anders kann man das Verhalten nicht deuten, so schnell wie möglich Fakten zu schaffen, denn nach diesem wäre der Abriss so nicht mehr möglich. In dem Vorderhaus befand sich zur Jahrhundertwende die Gaststätte Zur Flora. Da nach Aussagen der Bürgerinitiative Steinbeckervorstadt eine einstweilige Verfügung der Denkmalschutzbehörde vorliegen soll, zeigt sich diese entsprechend schockiert über das Verhalten der Eigentümer und fordert daher einen Stopp der sofortigen Abrissarbeiten in der Stralsunder Straße 47.

Mit der Bebauung durch eine Hospitalkirche in der Zeit um 1330 gehört das Grundstück Stralsunder Straße 47/48 zu den ältesten Grundstücken, die in den Greifswalder Vorstädten überhaupt bebaut waren. Das eingeschossige Vordergebäude auf dem Grundstück ist in seiner spätestens um 1800 entstandenen Kernsubstanz erhalten und heute höchstwahrscheinlich das älteste erhaltene Haus der Steinbecker Vorstadt und eines der ältesten in allen Greifswalder Vorstädten.

Das gesamte Ensemble dokumentiert dabei die Baulichkeiten eines Gasthauses mit Hauptgebäude und Tanzsaal ebenso wie Umformungen und Erweiterungen des Areals bis hin zur Nutzung als Maschinenfabrik. Mit dem Studentenhaus ist eine spezifisch für Universitätsstädte typische Bebauung erhalten.

Das hofartige Ensemble mit zurückgesetzter Straßenfassade prägt dabei den Stadteingang an der Ryckbrücke und dem Hafen entscheidend mit. In Kubatur und Maß der Bebauung ist es zudem typisch für die ursprüngliche Bebauung der klassizistischen Steinbecker Vorstadt.

Torsten Rütz / Altstadtinitiative Greifswald e. V. (aus dem Antrag auf Unterschutzstellung des Bauensembles Stralsunder Straße 47/48)