Seitdem das Festival für zeitgenössischen Tanz und Performance Tanztendenzen im Jahre 1993 zum ersten Mal veranstaltet wurde, hat sich viel getan. So kamen 1997 Ralf Dörnen und Sabrina Sadowska ans Theater Vorpommern, welches die im Vergleich zur heutigen Compagnie eine relativ unscheinbare Ballettsparte vorzuweisen hatte, die damals eigentlich abgewickelt werden sollte. Es kam aber bekanntlich anders, während Ballettdirektor Ralf Dörnen aus einer opernbegleitenden Tanzgruppe das Aushängeschild des Theater Vorpommern formte, kümmerte sich seine Ballettmeisterin Sabrina Sadowska als kreativer Kopf um die Leitung des Festivals. Im Jahre 2013 ging sie ans Theater Chemnitz und das bis dahin jährlich veranstaltete Festival wurde nur noch alle zwei Jahre durchgeführt. Für das tanzbegeisterte Greifswalder Publikum war diese Entscheidung ein Einschnitt, verließ Sabrina Sadowska das Haus aufgrund der seinerzeit ungewissen Lage der hiesigen Theaterlandschaft. Auch in diesem Jahr ändert sich der Charakter des Festivals erneut, diesmal aber im positiveren Sinne, denn in die Liste der Veranstalter reihen sich nun auch die Opera na Zamku Stettin und das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin ein und Ralf Dörnen ist statt Sabrina Sadowska Mitglied im Kuratorium des Festivals.
Durch die Kooperation mit Schwerin verliert das Theater Vorpommern in Mecklenburg-Vorpommern zwar ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, durch die Kooperation mit Stettin wird das Festival noch etwas internationaler. Waren die Tanztendenzen bislang nur Greifswald beheimatet, ist das Programm des diesjährigen Festivals an zwei weiteren Standorten, namentlich Stettin und Schwerin, zu erleben. Für die Kooperation zwischen dem Theater Vorpommern und der Opera na Zamku, die mit dem neuen EU-Projekt viaTeatri weiter vertieft wird, stellt die neue Form des Festivals einen weiteren Schritt zu einer grenzübergreifenden Kulturlandschaft dar. Zumindest dürfte dieses auch einen Blick auf die polnische Tanzszene öffnen, welche sich bisher nur in relativ überschaubaren Dosen im Programm des Festivals wiederfinden ließ. Der letzte polnische Beitrag des Festivals stammte vom Teatr Bretoncaffe aus Warschau, welches an einem 22. Oktober die Deutschlandpremiere von Dancing Sarah Kane präsentierte, dem 22. Oktober des Jahres 2008 wohlgemerkt.
Mit Lukasz Przytarski beenden die Tanztendenzen die zehnjährige Abstinenz polnischer Choreographien und bieten Lukasz Przytarski die Gelegenheit seine choreographische Installation Weld zu präsentieren, in welcher er den Körper als bewegliche Skulptur betrachtet. In Greifswald sind es die Räumlichkeiten der Galerie Schwarz, in dem die viertelstündige Choreographie präsentiert wird. Das weitere Programm bestreiten unbekannte und bekannte Namen. Zu letzteren gehört Stephanie Thiersch mit ihrer Compagnie Mouvoir welche mit Corps Étrangers den Eröffnungsabend des letzten Festivals bestritt. Mit der Choreograpie Bronze by Gold steht sie bei diesjährigen Festival vor der selben Aufgabe, zumindest was Greifswald betrifft. In Schwerin eröffnet die niederländische Compagnie De Stilte mit Vliegende Coe, einem Tanzstück für Kinder ab vier Jahren, in Stettin wiederum die schwedische Kompagnie Iraqi Bodies mit der Choreograpie Rite of Exile: Silent Scent. Wie gewohnt bekommt das Publikum nicht nur etwas zum Zuschauen, denn dort wo sich das Ensembles des BallettVorpommern für gewöhnlich sein Repertoire erarbeitet, können interessierte Leute an verschiedenen Workshops teilnehmen, welche Anmar Taha and Josephine Gray von Iraqi Bodies, Nimrod Freed von der Tami Dance Company und Osnat Kelner von der OK Dance Company anbieten.
Programm (Greifswald)
Montag 22. Oktober 2018 |
19:30 Uhr Theater Mouvoir/Stephanie Thiersch – Bronze by Gold |
Dienstag 23. Oktober 2018 |
18:30 Uhr Galerie Schwarz Lukasz Przytarski (Polen) – Weld 20:00 Uhr Rubenowsaal Cie Linga (Schweiz) – Solographies |
Donnerstag 25. Oktober 2018 |
10:00 Uhr + 12:00 Uhr Hinterbühne de Stilte (Niederlande) – Vliegende Coe (Fliegende Kuh) 20:00 Uhr St. Spiritus Nimrod Freed/Tami Dance Company (Israel) – Tennis – The True Story Katharina Wunderlich – Insomnia OK Dance Company (Israel) – Expecting |
Freitag 26. Oktober 2018 |
19:30 Uhr Theater Cooperativa Maura Morales – Exceso de la nada (Überfluss des Nichts) |
Samstag 27. Oktober 2018 |
19:30 Uhr Theater Iraqi Bodies (Schweden) – Rite of Exile: Silent Scent |
Workshops (Greifswald)
Sonntag 28. Oktober 2018 11:00 Uhr Ballettsaal |
Anmar Taha und Josephine Gray Iraqi Bodies Schweden |
Körper als Ritual – Was ist der Unterschied zwischen Publikum und Darstellern? |
Freitag 26. Oktober 2018 15:00 Uhr Probebühne |
Nimrod Freed Tami Dance Company Israel |
Tanzimprovisation auf der Grundlage von Bewegungsmaterial aus Tennis True Story |
Freitag 26. Oktober 2018 15:00 Uhr Ballettsaal |
Osnat Kelner OK Dance Company Israel |
Dekonstruktion emotionaler Landschaften |