Thomas Hettches Werk lebt von einer poetischen Prosa, die ganz und gar der Gegenwart verpflichtet ist, auch und gerade dort, wo Surreales und Märchenhaftes den Erzählton prägen. Mit Koeppen verbinden ihn eine stilistische Finesse und eine Imaginationskraft, wie sie in der deutschsprachigen Literatur selten geworden sind. Und es spielen bei ihm, wie bei Koeppen, Episches und Essayistisches, Geistesgeschichtliches und Gegenwärtiges stets ineinander. Hettche führt mit seinem Werk vor, dass Entzauberung und Zauber keine Gegensätze sein müssen.
Die Worte, mit welchen der letzte Preisträger Karl-Heinz Ott seine Wahl des diesjährigen Wolfgang-Koeppen-Preises begründet, versprechen einen unterhaltenden Literaturabend mit Thomas Hettche, der mit seinem im Jahre 2014 erschienenen Roman Die Pfaueninsel Leser wie Kritiker begeisterte. Den Deutschen Literaturpreis des Jahres 2014 verfehlte er als einer der sechs Finalisten nur knapp, musste sich Lutz Seiler und seinem auf der Insel Hiddensee handelnden Roman Kruso geschlagen geben. Dieser soll übrigens in der nächsten Spielzeit am Theater Vorpommern inszeniert werden. In seinem Roman Pfaueninsel begibt sich Thomas Hettche auf eine Zeitreise in das 19. Jahrhundert. Seine Protagonistin ist die im Jahre 1800 geborene Dorothea Marie Strakon, welche als sogenanntes Schlossfräulein auf der Pfaueninsel lebte. Es war die Zeit des Rokoko in der sich die Monarchen Europas eine künstliche ländliche Idylle erschufen, in denen sie auch ihre Schäferstündchen verlebten. In diesem Fall war es der preußische König Friedrich Wilhelm II., der die Pfaueninsel für die Liebesspiele mit seiner Mätresse Wilhelmine Gräfin von Lichtenau nutzte und hier ein kleines Lustschloss errichten ließ.
Sein Sohn Friedrich Wilhelm III. folgte ihm im Jahre 1797 auf den Thron und auch die Pfaueninsel sollte während des Sommers öfters besuchen. Dieses tat er aber, im Gegensatz zu seinem Vater, aber in Begleitung seiner Frau, mit deren Ankunft auf der Insel Thomas Hettche seinen Roman beginnen lässt. Hier triff Königin Luise auf den kleinwüchsigen Christian Friedrich Strakon, über dessen Erscheinung sie erschickt. Die verwaisten Kinder eines preußischen Soldaten kamen dereinst auf Anweisung des Königs auf die Pfaueninsel, auf der neben exotischen Tieren und Pflanzen auch Menschen zum lebenden Inventar gehörten. Thomas Hettche schmückt mit seiner Fantasie die Lebensgeschichte einer Frau aus, über welche man nicht allzu viel weiß, und lässt seine Leser so die bewegte Geschichte dieser Zeit aus ihrer Perspektive miterleben. Bei der Preisverleihung, bei der zuvor Karl-Heinz Ott die Laudatio hält, wird man das eine oder andere gelesene Kapitel aus dem Munde des Autors vernehmen können.
Karl-Heinz Ott wird aber nicht nur wegen seiner Laudatio den Weg zurück nach Greifswald auf sich nehmen, denn schon einen Tag zuvor präsentiert er im Rahmen der diesjährigen Koeppentage seinen Roman Die Auferstehung. In diesem Buch erzählt er auf humorvolle Art und Weise die Geschichte von vier Geschwistern, die in Erwartung ihrer baldigen Erbschaft auf die Testamentseröffnung warten, was nicht unbedingt konfliktfrei vonstattengeht. Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens lautet der Titel eines Romans, mit dem Schorsch Kamerun den Abend nach der Preisverleihung mit einer weiteren Lesung gestalten wird. Auch eine literarische Stadtführung gehört zum diesjährigen Programm. Hierbei kann man sich zusammen mit Dr. Monika Schneikart auf eine Reise zu denjenigen Orten in der Stadt begeben, die Wolfgang Koeppen in seinem Roman Jugend literarisch verewigte. Mit den Orten aus dem Roman haben sich auch die Studenten des Caspar-David-Friedrich-Instituts beschäftigt und sich mit diesen künstlerisch auseinandergesetzt. Entstanden sind Malereien und Plastiken, die in der Zeit vom 29. Juni bis zum 24. September im Koeppenhaus zu sehen sein werden.
20. Juni 2016 | 19:30 Uhr | Ausstellung | In Greifswald wurde ich geboren, das lässt sich nicht leugnen… |
20. Juni 2016 | 20:00 Uhr | Vortrag | Alexander Graeff – Ich sah die großen Untergänge – Über die Aktualität von Wolfgang Koeppens Werk |
22. Juni 2016 | 18:00 Uhr | Buchpräsentation | Die Seiten häufen sich. Bald ist es ein Buch. – Wolfgang Koeppens Jugend Alfried Krupp Wissenschaftskolleg |
22. Juni 2016 | 20:15 Uhr | Lesung | Karl-Heinz Ott – Die Auferstehung |
23. Juni 2016 | 20:00 Uhr | Laudatio | Verleihung des Wolfgang-Koeppen-Preises 2016 an Thomas Hettche |
24. Juni 2016 | 20:00 Uhr | Lesung | Schorsch Kamerun – Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens |
25. Juni 2016 | 11:00 Uhr | Stadtführung | Monika Schneikart – Die Stadt als Erinnerungsort – auf den Spuren Wolfgang Koeppens |
29. Juni 2016 | 19:00 Uhr | Ausstellung | Ich bin gern in Greifswald warum – Arbeiten des CDFI zu Wolfgang Koeppens Greifswald-Text Jugend |