éditions polystyrène – Erkundungen der Grenzen des Erzählens

Alex Chauvel
Alex Chauvel

Die Galerie ETcetera KunstDesign hat sich innerhalb von kürzester Zeit einen guten Ruf in der Greifswalder Kunstszene erarbeitet, denn es sind schließlich keine zehn Monate vergangen, seitdem die Türen der Galerie zum ersten Mal öffneten. Was damals noch sehr improvisiert war, was den Umständen geschuldet war, entwickelte sich zu einem interessanten Geschäft, in dem man auch recht ungewöhnliche Dinge erwerben kann. Nachdem man beispielsweise im Frühjahr die Textilkunst der panamaischen Mola-Indianerinnen bewundern konnte, war es am 29. September ein e Auswahl an französischen Comics, die mit ihren außergewöhnlichen Formaten das Interesse auf sich lenken sollten. Was sie schließlich auch taten, denn mit einer interessanten Einführung durch Mario Scarabis, der mit zahlreichen Anekdoten dienen konnte und sich schließlich auch als ein glühender Liebhaber der Comickunst outete, konnten auch die anwesenden Besucher mit der für Greifswalder Verhältnisse doch etwas ungewöhnlichen Materie der Comics warm werden.

Übrigens so warm, dass der bei der Vernissage anwesende Comiczeichner Alex Chauvel den übrigen Abend mit dem Signieren seiner Bücher beschäftigt war. Alex Chauvel gehört zusammen mit seinen Kollegen Adrien Thiot-Rader, Florian Huet, Ludovic Rio, Pierre Jeanneau und Rémi Farnos zu den Gründern eines Verlages mit dem Namen éditions polystyrène, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, Comics in ungewöhnlichen und zum Teil auch recht experimentellen Formaten auf den Markt zu bringen. Zu diesen gehört auch ein dreißigseitiger Comic mit dem Toutes les Mers par Temps Calme in Form eines viereinhalb Meter breiten Leporello, in dem Alex Chauvel die Irrfahrten eines Schiffes durch die verschiedenen Kulturen einer unbekannten Welt erzählt. Bei diesem Format die in dem Comic erzählte Geschichte in Form eines Buches beziehungsweise einer Landkarte vor, durch die man ja nach Lust und Laune entweder durchblättern oder überfliegen kann.

Ein anderes in der Ausstellung präsentiertes Werk des Verlages éditions polystyrène, welches ein ähnlich starkes Interesse beim Publikum wie Toutes les Mers par Temps Calme hervorrief, war mit Polychromie betitelt. Dieses ist ein Gemeinschaftswerk von fünfzehn Comiczeichnern, die vor der Aufgabe standen, jeweils zwischen vier bis sechzehn Seiten zu gestalten, dabei aber nur die Farben Rot und Blau zu verwenden. Die so gestalteten anaglyphen Bilder zeigen, je nachdem ob man sie durch eine rote oder blaue Folie betrachtet, ein völlig anderes Motiv. Dass man Bücher nicht drucken, sondern auch mittels Perforierungen gestalten kann, zeigte Florian Huet mit seinen Produktionen, der statt mit Druckfarben mit Löchern arbeitet, um die dargestellten Motive für die Betrachter sichtbar zu machen. Dass man mit Comics auch spielen, beziehungsweise unterschiedlich verlaufende Geschichte erzählen kann, beweist der im Jahre 2010 gegründete Verlag mit einer Auswahl an Comics, die man ähnlich wie Dominosteine aneinanderlegen und miteinander kombinieren kann.

Zumindest diese Form der Comics dürfte auch für diejenigen Kinder interessant sein, die in der Schule die französische Sprache erlernen und das dort erlangte Wissen auf eine spielerische Art und Weise anwenden können. Dass die sechs Gründer des Verlages, die allesamt im l’École européenne supérieure de l’image in Angoulême ihr Handwerk erlernt haben, diesen gründeten, ist der Tatsache geschuldet, dass sie nicht mehr am selben Ort tätig sind. Statt einer, wie ursprünglich geplanten gemeinsamen Werkstatt, ist es ein gemeinsamer kleiner Comicverlag, der ihnen nun die Möglichkeit bietet, ihre Comics auf den Markt bringen zu können. Was sie eint, ist nicht nur der Verlag, sondern auch der Blick auf die Kunstform Comic und der Wunsch, diesen in vielen ungewöhnlichen Formen zu erschaffen. Zumindest einen kleinen Einblick in das Schaffen der Künstler des éditions polystyrène bietet die Ausstellung im ETcetera KunstDesign und lässt das Publikum die Grenzen des Erzählens erkunden. Die Ausstellung kann man übrigens noch bis zum 12. November 2016 besichtigen.