Warum es keinen schienengebundenen Personenverkehr nach Ladebow geben wird

Bahnhof Ladebow
Bahnhof Ladebow

„Mit dem Zug zum Strand – von Ladebow über Greifswald nach Lubmin“ Diese Forderung der Greifswalder Grünen findet man im Wahlprogramm von Dr. Stefan Fassbinder wieder und wie der Zufall es will, im nächsten Jahr sind schließlich wieder Bürgerschaftswahlen, soll der Vorschlag rechtzeitig ins Rampenlicht gerückt werden. Mit einer Machbarkeitsstudie soll noch in diesem Jahr ermittelt werden, ob dieses Vorhaben realistisch ist oder nicht. Das Ergebnis dieser Studie wird nur zum Teil befriedigend ausfallen, denn es gibt nämlich gleich mehrere Probleme, welche die Einrichtung einer Bahnverbindung zwischen Ladebow und dem Ostseebad Lubmin deutlich behindern.

Offenbar hat sich keiner mit dem heutigen Zustand der Bahnstrecke beschäftigt, denn schon beim derzeitigen Güterverkehr gibt es massive Einschränkungen, die sich erst recht bei einem geplanten Personenverkehr bemerkbar machen werden. Bei der Strecke Bahnhof Greifswald – Ladebow wird es nicht der Endbahnhof sein, touristisch wird eine Haltestelle am Sperrwerk in Wieck präferiert, sondern die Strecke an sich, welche eine Ansammlung von unbeschrankten Bahnübergängen ist. Was bei den historischen Loks der Pressnitztalbahn, die während des Fischerfestes vom Bahnhof Greifswald nach Ladebow verkehrten, vielleicht einen gewissen Charme von Eisenbahnromantik darstelle, dürfte zukünftig, ganz besonders in den Morgenstunden, für die Anwohner des Museumshafens eine recht hohe Lärmbelästigung darstellen.

Das Pfeifen ist ein Warnsignal und hat mindestens zweihundert Meter vor dem Bahnübergang zu erfolgen. Auf seinen Weg nach Ladebow muss der Zug erst das Ende der Falladastraße passieren, bevor er die Stralsunder Straße quert und dort zum Verkehrshindernis wird. Im Museumshafen, wo er eh nicht schnell fahren kann, quert er die Salinenstraße, einmal den Fußweg, später die Straße Ladebower Chausee. Ein Stückchen weiter führt ein Weg zur einstigen Deponie über die Gleise, die in der Zukunft als Erholungsort umgestaltet werden soll, später zwei Zufahrten zu einer Gartensparte, dann der Wertstoffhof von Remondis, bis er die Ladebower Chausee erneut kreuzt.

In Ladebow führen noch einige weitere Wege über die Gleise, bis der Zug endgültig den Hafen erreicht. Da die Ladebower Chausee relativ gut befahren ist, müssten die beiden unbeschrankten Bahnübergänge mit einer Schrankenanlage ausgestattet werden, um das Gefahrenpotential zu minimieren, das von den schlecht einsehbaren Gleisen ausgeht. Derzeit muss den Güterzug jemand begleiten, der an den Straßenquerungen für die freie Fahrt sorgt und die Weichen am Ausweichgleis beziehungsweise am Hafen Ladebow von Hand bedient. Der Knackpunkt an der Strecke nach Ladebow bleibt aber der Museumshafen, dessen Durchfahrt man mit derjenigen der Molli in der Altstadt Bad Doberan vergleichen kann, langsam und mit sehr viel Gepfeife.

Am Greifswalder Bahnhof rächt sich nun die Tatsache, dass bei der Sanierung, die in den Jahren 2006 bis 2008 stattfand, der Bahnsteig entfernt wurde, von dem aus die Züge Richtung Lubmin abfuhren. Man kann heutzutage das heutige Gleis 3 für einen wartenden Zug nutzen, ab dem Bahnhof wird es aber kompliziert. Um zum Abzweig Schönwalde – Lubmin Werkbahnhof zu kommen, muss der Zug hinter dem Bahnhof Greifswald das Gleis wechseln und fährt quasi als Geisterfahrer auf dem Gleis Richtung Stralsund in Richtung Süden und blockiert, solange bis er den Abzweig passiert hat, der sich südlich von Klein Schönwalde befindet, das Gleis in Richtung Stralsund. Da eigentlich angestrebt werden sollte, dass die Züge zwischen Stralsund und Berlin endlich im Stundentakt fahren, wäre eine neue Weiche am Abzweig notwendig, da ansonsten die Züge in Richtung Lubmin den Betriebsablauf der anderen Bahnlinien stören würden.

Da der Karls Erlebnisdorf in Rövershagen in der nächsten Zeit einen Bahnsteig bekommen soll, sind schon mal die Kosten für einen Bahnsteig bekannt. Dieser soll übrigens 1,3 Millionen Euro kosten, wovon das bekannte Ausflugsziel mit 410000 Euro einen Teil des fünfundsiebzigprozentigen Kostenanteil des Landes Mecklenburg-Vorpommern übernimmt. Bei der angedachten Bahnstrecke werden aber mehr als ein Bahnsteig benötigt. Allein auf der Strecke Bahnhof Greifswald – Ladebow wären es zwei, einer in Ladebow, der andere auf Höhe der ehemaligen Mülldeponie. Auf der Strecke Bahnhof Greifswald – Lubmin wäre eine Haltestelle südlich von Lubmin und eine Haltestelle am Industriepark Lubmin. Wer zudem Haltestellen in Kemnitz und Brünzow anregt, ist offensichtlich kein Bahnfahrer, denn Haltestellen inmitten der vorpommerschen Landschaft, an der Peripherie kleiner und zudem touristisch uninteressanter Dörfer, dürften sich für die Bahn nicht rechnen.

Während eine Bahnverbindung nach Lubmin beispielsweise mit dem Potential der Bahn nach Barth vergleichbar wäre, grenzt die Annahme eines Bedarfes der Beschäftigten der HanseYachts schon an Blödsinn. Wer mit der Bahn zur Arbeit fährt, lebt und arbeitet für gewöhnlich in der Nähe eines Bahnhofs und hat dann auch günstige Arbeitszeiten oder Gleitzeit, welche eine Nutzung der Bahn überhaupt ermöglichen. Knackpunkt sind für gewöhnlich unnötig lange Wartezeiten und ungünstige Anschlussverbindungen, welche den Berufsverkehr per ÖPNV zur Qual machen. Selbst in Greifswald fahren noch viele Leute mit dem Auto zur Arbeit, da die Busverbindungen nicht mit ihrer Lebensrealität zusammenpassen. Zu DDR-Zeiten haben viele Beschäftigten des KKW Bruno Leuschner in Schönwalde gewohnt und konnten zu Fuß zur Haltestelle Greifswald Süd laufen.

Wer beispielsweise heute in Eldena wohnt und ein Auto hat, fährt nicht unbedingt mit dem ÖPNV bis zum nächsten Bahnhof und wartet auf den Zug nach Lubmin. Von dort aus sind es etwa achtzehn Kilometer bis zum Parkplatz von EWN und laut Google hat man etwa sechzehn Minuten Fahrzeit. Von der Bushaltestelle Eldena Mühle bis zum ZOB sind es allein schon zwanzig Minuten, bis zur Haltestelle Greifswald Süd hat man eine fünfundvierzig Minuten lange Stadtrundfahrt vor sich, und selbst zu Fuß wäre man etwas schneller. Demgegenüber steht ein etwa zwanzig Minuten langer Fußweg vom Bahnhof bis zum Gelände von HanseYachts, das ist übrigens mit dem Weg zu vergleichen, den man als Bahntourist vom Bahnhof Bansin Seebad bis zur Seebrücke von Bansin zurücklegen muss. Vom potentiellen Bahnhof von Lubmin wäre es übrigens auch ein gut anderthalb Kilometer langer Fußmarsch bis zur Seebrücke.

Wo wiederum die ganzen Fahrgäste für den Zug nach Ladebow herkommen sollen, wo derzeitig noch über einen einem Kleinbus diskutiert wird, der als neue eine Buslinie dem Wieck und Ladebow an den ZOB anschließen soll, kann keine beantworten. Verwiesen wird gerne auf die Pressnitztalbahn, welche mit historischen Dampfloks einen Pendelverkehr zum Fischerfest Gaffelrigg bewerkstelligte. Nur wollten die gut zweitausend Fahrgäste zum Fischerfest Gaffelrigg und auf der Fahrt dahin Eisenbahnromantik vergangener Tage spüren, nicht nach Ladebow. Wieck und Eldena ist hauptsächlich ein Naherholungsziel für die Bevölkerung von Greifswald und Besucher aus der näheren Umgebung. Erstere wohnen viel dichter am Ziel als am Bahnhof, zweitere kommen mit dem Auto. Wer mit der Bahn anreist, kann auch mit dem Bus nach Wieck und Eldena fahren und nebenbei dabei helfen, die Buslinien besser auszulasten.

Mecklenburg-Vorpommern hat derzeitig größere Baustellen mit höherer Priorität was den Schienenverkehr betrifft, wie die Darßbahn und die südliche Anbindung der Insel Usedom über die Karniner Brücke, oder Strecken die ganzjährig reaktiviert werden müssten, wie die Südbahn. Priorität hat auch ein Stundentakt für die schon bestehenden Hauptstrecken, welche nach der Einführung des 49-Euro-Tickets kommen muss, will man nicht wieder Bilder von völlig überfüllten Zügen produzieren, wie man sie schon im 9-Euro-Ticket-Sommer 2022 überall hatte. Wenn von der Idee etwas in Betracht kommen würde, dann nur eine touristische Verbindung von Greifswald ins Seebad Lubmin, für die man nur eine neue Weiche und einen Bahnsteig in Lubmin bräuchte. Man sollte nicht vergessen, dass die Deutsche Bahn den Personenverkehr einst im Jahre 1999 wegen zu geringer Fahrgastzahlen einstellte. Ein schienengebundener Personenverkehr nach Ladebow wird nicht wirtschaftlich sein, dafür ist der potentielle Bedarf viel zu gering und die dafür notwendigen Investitionen in Bahnsteige und Verkehrssicherung viel zu hoch.